MH17: Bildbearbeitungsvorwürfe gegen Russland
Zwei ungeklärte Abstürze - und mehrere weiter offene Fragen
In sechs Wochen ist es ein Jahr her, dass eine Boeing 777 der Malaysia Airlines über der Ostukraine abgeschossen wurde. Nach dem bis heute ungeklärten Absturz von Flug MH370 am 8. März 2014 war dies der zweite, bis heute ungeklärte Verlust des malaysischen Unternehmens. Zuvor schon durch den Wettbewerb von Discount-Fliegern wie Air Asia unter wirtschaftlichen Druck geraten, sorgte der Rückgang bei den Flugpassagieren jetzt für das vorläufige Ende der Fluggesellschaft aus Kuala Lumpur.
Schon kurz nach dem Absturz kam aus Kiew die Anschuldigung, die Maschine sei von russischer Seite abgeschossen worden. Belege gibt es bis heute keine. Aktuell wird der Vorwurf verbreitet, dass bei russischen Satellitenaufnahmen, welche die Situation vor Ort zum Zeitpunkt des Abschusses zeigen sollen, Fälschungen vorgenommen worden seien.
So meldet Der Spiegel: "Die forensische Analyse durch das Bellingcat-Untersuchungsteam hat eindeutig und unzweifelhaft nachgewiesen, dass diese Satellitenfotos falsch datiert und durch die Software Adobe Photoshop CS5 digital verändert wurden." Dabei bezieht er sich auf den in deutscher Sprache veröffentlichten Bericht von Bellingcat.
Selbst wenn man davon ausgehen will, dass die Aussagen von Bellingcat zutreffen und dass Bellingcat (deren Initiator Eliot HigginsTeil des Teams der forensischen Analyse war) im Konflikt mit Russland eine neutrale Position einnehmen würden, stellt sich die Frage, welche Konsequenzen aus den Ergebnissen nun zu ziehen wären. Soll mit der als gesichert präsentierten Aussage, dass die Aufnahmen im russischen Verteidigungsministerium gefälscht worden seien, unterstellt werden, dass die gesamte russische Argumentationskette im Zusammenhang mit dem Absturz von MH17 nicht zutrifft?
Dann stellt sich eine weitere Frage, die im Zusammenhang mit den Satellitenaufnahmen ebenfalls wichtig erscheint: Warum liegen bis heute eigentlich keine Satellitenaufnahmen aus amerikanischer Quelle vor? Würden diese Aufnahmen auch Details zeigen, die man nur mit Hilfe von Photoshop aus der Welt schaffen könnte - oder ist die Flächenabdeckung der satellitengestützten US-Aufklärung doch löchriger als bislang vermutetet?
Schon im Zusammenhang mit dem Verschwinden des Flugs MH370 wurden weder von den USA noch von China einschlägige Satellitenaufnahmen vorgelegt. Begründet wurde dies damals meist mit der Annahme, das weder die USA noch China offenlegen wollten, mit welcher Frequenz und in welcher Auflösung die jeweilige Satellitenaufklärung erfolgt.
Für die malaysische Fluggesellschaft war diese jetzt bald ein Jahr dauernde Hängepartie offensichtlich jetzt nicht länger durchzuhalten. Hatte man in Kuala Lumpur große Hoffnungen auf den deutschen Manager Christoph Müller gesetzt, der als Vorstandsvorsitzender der irischen Fluggesellschaft Aer Lingus dort offensichtlich den Turnaround geschafft hatte, blieb diesem kaum zwei Monate nach Amtsantritt nur die öffentliche Erklärung, dass die Fluggesellschaft „technisch bankrott“ sei und alle Mitarbeiter die Kündigung erhalten hätten.
Bei Malaysia Airlines hatte auch die vollständige Übernahme des Unternehmens durch eine staatliche Stiftung die finanzielle Anspannung nicht mehr beseitigen können. Die bestehenden Strukturen waren für das nach den beiden Abstürzen stark schrumpfende Geschäft anscheinend zu mächtig und der geplante und vom Staat schon genehmigte Abbau von 6000 Stellen nicht ausreichend, um ohne zusätzliche Maßnahmen wieder auf die Gewinnspur zu kommen. Und so hat man inzwischen wohl an alle etwa 20.000 Mitarbeiter Änderungskündigungen verschickt, auf welche sie binnen zwölf Tagen reagieren müssen. Ob es bei den verbleibenden Mitarbeitern zu Lohnkürzungen kommen wird, ist bislang nicht bekannt.
Die irische Fluglinie Aer Lingus war im Jahre 2009 (als Müller dort mit seiner Arbeit begonnen hatte) vor einer ähnlichen Wettbewerbssituation wie Malaysia Airlines gestanden. Man hatte mit Ryanair einen Discount-Wettbewerber im eigen Land, der sogar den Versuch unternommen hatte, die bislang staatliche Fluggesellschaft der grünen Insel zu übernehmen. In Malaysia entstand der Wettbewerbsdruck - durchaus vergleichbar - durch den Erfolg der Billigairline Air Asia, die zwar kürzlich auch den Absturz einer Maschine verkraften musste, diesen jedoch offensichtlich ohne größeren Einfluss auf das Fluggastaufkommen überstanden hat.