Machtkampf um Pegida hat begonnen
Streit unter Pro Deutschland-Mitgliedern und anderen Rechten
"Hiermit geben wir bekannt, dass sämtliche Veranstaltungen, die unter den Namen KÖGIDA, BOGIDA und DÜGIDA angemeldet und durchgeführt werden, keine PEGIDA-Kundgebungen mehr sind." Mit dieser Pressemeldung vom vergangenen Freitag war die Spaltung perfekt, mit der sich seit Wochen verschiedene rechte Gruppierungen in NRW mit dem Label Pegida aufwerten wollen.
Seit Mitte Dezember gab es in verschiedenen NRW-Städten Versuche, mit Demoaufrufen an die Erfolge von Pegida in Dresden anzuknüpfen. Doch der Erfolg blieb bescheiden. Der Anteil der Gegendemonstranten war immer wesentlich größer. Als sich am vergangenen Montag auch die lange beworbene Kölner Pegida-Imitation, die ein Auftakt für die Bewegung in Westdeutschland sein sollte, als Flop herausstellte, war die offizielle Spaltung nur noch eine Frage der Zeit.
Streit unter gut Bekannten
Dabei stehen jetzt, wie oft in ultrarechten Kreisen, auf beiden Seiten des Pegida-NRW-Streits Führungsfiguren gegenüber, die bisher gemeinsam aufgetreten und sogar in der gleichen Partei waren. Es bekämpfen sich mit Stefan Nobile und Melanie Dittmer zwei Mitglieder der rechtspopulistischen Partei Pro NRW.
Dittmer, die eine lange Karriere in ultrarechten Gruppen hinter sich hat und seit einigen Monaten Vorstandsmitglied von Pro NRW ist, galt Anfang Dezember als Shootingstar der rechten Szene. Sie verstand es, ultrarechte Positionen populär zu verpacken. Damit war sie bei der Pro Deutschland-Bewegung an der richtigen Adresse, die sich selber als "Speerspitze der politischen Islamkritik" sieht. Diese parteipolitischen Vereinnahmungsversuche sind natürlich sofort auf Widerstand der anderen rechten Kleingruppen gestoßen
So monierte der Düsseldorfer Rechtsanwalt Alexander Heumann, Pegida NRW sei unter Dittmer zu einer Vorfeldorganisation von Pro NRW mutiert und zog sich zurück. Er verwies dabei vor allem auf Melanie Dittmer. Nun hatte Heumann keine Berührungsängste nach rechts, als er vor einigen Wochen in Hannover vor den "Hooligans gegen Salafisten" redete.
Wenn daher Heumann und Nobile plötzlich die Vita einiger ihrer ehemaligen Mitstreiter in der radikalen Rechten auffallen und die Kooperation aufkündigen, folgen sie einer Taktik, die es in der ultrarechten Bewegung in Deutschland seit Jahrzehnten gibt.
Ultrarechte "Vergangenheitsbewältigung"
Dort wirft man sich gerne die Alt-oder Neonazivergangenheit vor, wenn es um Machtkämpfe geht. Schon vor 1989 war die ultrarechte Szene in der BRD lange Jahre geprägt vom Streit zwischen Republikanern und der mittlerweile mehrheitlich in der NPD aufgegangenen Deutschen Volksunion. Während die Republikaner nach außen einen strikten Abgrenzungskurs von der DVU propagierte und die rechte Konkurrenz schon mal Neonazis und NS-Nostalgiker nannte, gab es immer wieder zwischen beiden Gruppierungen An- und Abwerbungen.
Später kooperierte dann sogar der Gründer der Republikaner, Franz Schönhuber, mit der DVU und schrieb in deren Nationalzeitung, die er Jahre vorher noch als NS-nostalgisch bezeichnete. Auch die Pro-Bewegung hat sich seit Jahren vehement immer wieder von der NPD abgegrenzt und ihr deren Neonazis vorgehalten. Das hat sie nicht davon abgehalten, immer wieder auch Personen aufzunehmen, die sich aus irgendwelchen Gründen mit der NPD überworfen haben.
Auch der aktuelle Streit in NRW zeigt, dass solche Auseinandersetzungen im rechten Lager vor allem einen instrumentellen Charakter haben. In der nächsten Zeit soll es am 19.1. die nächste offizielle Pegida-Demonstration in NRW geben, für die der neue Sprecher Nobile die Verantwortung übernommen hat.
Die entmachtete Melanie Dittmar mobilisiert mit der Pro Bewegung, der Partei "Die Rechte", NPD und andere Kleingruppen jeden Montag zu Degüda- und jeden Mittwochabend zu Kögida-Spaziergängen nach Düsseldorf und Köln. Ob sich die zerstrittenen Fraktionen nach dem Anschlag in Paris und der Hoffnung auf mehr Zustimmung aus der Bevölkerung wieder zusammenraufen, ist nicht unwahrscheinlich. Schließlich zerstreitet man sich so schnell, wie man auch als taktischen Gründen wieder kooperiert.
Von Unterstützern des Al Quds-Aufmarsches zur Islamkritik?
Wie flexibel die diversen rechten Gruppierungen in Sachen Islamkritik sind, machte auch der Chefredakteur des Compact-Magazins Jürgen Elsässer deutlich. In einem Kommentar nach dem Pariser Anschlag behauptet er, auch Compact sei vom islamistischen Terror bedroht. Nun gehörte Elsässers damalige Volksinitiative nach Angaben des Tagesspiegels noch 2009 zu den Unterstützern des alljährlichen islamistischen und antisemitischen Al Quds-Aufmarsches in Berlin.
Auch aktuell will sich Elsässer noch nicht ganz entscheiden, ob er auf dem Ticket der Islamkritik fährt, oder doch eher die Bedürfnisse vieler seiner Leser befriedigt und die Diskussion eröffnet, welcher Geheimdienst mit dieser Aktion Frankreich bestrafen wollte. Einstweilen versucht Elsässer sowohl die Pegida-Gänger als auch die eher islamfreundlichen Verschwörungstheoretiker zu bedienen. Nicht alle können diese Pirouetten nachvollziehen, wie die heftigen Diskussionen in den letzten Tagen auf dem Blog zeigen.