Medienwiderstand 2020

Mediennutzung hat sich zu Zeiten von Corona verändert. Aber nicht nur das Nutzungsverhalten verändert sich, auch die Art, wie man in Medien benutzt wird. Zumindest in einem Beispiel

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Eigentlich gibt es noch nichts Abschließendes zum veränderten Mediennutzungsverhalten in Zeiten von Corona zu sagen. Eigentlich sollten wir ja auch viel weniger über Corona reden, es ist irgendwie schon alles gesagt und das Virus geht davon auch nicht weg. Aber ein kleiner Blick auf eine Nutzerstudie zeigt doch ein wenig, was gerade abgeht. Und dann wäre da noch Widerstand 2020, aber dazu später.

Da gibt es zum Beispiel diese schöne Darstellung von verändertem Mediennutzungsverhalten in diesen, unseren Zeiten. Schön nach aktuellen Buzzwords zu den Generationen gelistet: Gen Z (16 bis 23 Jahre alt), Millennials (24-27 Jahre alt), Gen X (38-56 Jahre alt) und Boomer (57-64 Jahre alt). Fast sieht es hier so aus, als würde man denen über 64 Jahren eh keine große Überlebenschance geben, aber das ist nur so ein Eindruck und tut jetzt nix zur Sache.

Befragt man nun die Altersgruppen, welche Medien sie jetzt zum Thema Corona mehr benutzen, um sich zu informieren, dann tun sich eigentlich keine großen Überraschungen auf. Gen Z schaut sich deutlich mehr Online-Videos und Online-TV/streaming an, die Millennials legen noch ein wenig Online-Presse und viel Musik-Streaming dazu (keine Ahnung, wie man sich in den Charts über Corona informiert, aber bitte), während Gen X vor allem vor der Glotze hängt und Fernsehen, beziehungsweise auch Streaming TV konsumiert. Die Boomer geben sich eigentlich nur noch TV und Radio, ansonsten haben sie ihren Medienkonsum nicht signifikant wegen der Pandemie erhöht. Sagen sie.

Interessanterweise geben alle Altersgruppen ungefähr die gleichen Dinge an, die sie jetzt bevorzugt im Internet aufrufen. Nach COVID-19 Updates zu suchen, führt die Rangfolge klar an, dicht gefolgt von Musik (mit Gen Z wie gesagt als absolutem Spitzenreiter) und dem Konsum von Filmen und lustigen Videos. Irgendwo dazwischen befindet sich vermutlich das Abrufen von Pornos, aber das tut jetzt auch nichts zur Sache. Ganz am Schluss finden sich Aussagen wie "Ich versuche das Internet zu meiden" oder "Ich schaue mir Webinare an oder suche nach Ferien". Lustigerweise liegt das immer noch hinter "Ich schaue mir Livesport an". Kann sein, dass Sportfans Wochen brauchen, um zu begreifen, dass Sport derzeit live so gut wie nicht stattfindet. Nein, das ist nicht die John Cage Version "55 days of silence" einer Nationalhymne vor dem Spiel ...

Und dann gibt es ja noch solche User, die zumindest in Deutschland Webseiten einer neuen Partei aufrufen, die sich Widerstand2020 nennt und "Deine Mitmach-Partei" sein will. Was mich da eher ansäuert ist nicht sosehr der falsche Einsatz des Bindestrichs oder das zwanglose Duzen auf der Website. Es ist die Website an sich, und deshalb ist sie hier auch gar nicht verlinkt (wenn auch leicht über Google zu finden).

Einmal aufgerufen, snifft sie meine IP und meinen Browser, leitet mich ohne mich nach meinem Einverständnis zu fragen auf die Homepage weiter, die mich dann schon einmal als Mitglied anspricht, das eine Nummer per Mail erhalten haben sollte. Aber keine Bange, der Service sei im Augenblick nur ausgesetzt, da könne man sich mit dem "Seite aufrufen"-Link die Nummer ganz einfach holen. Angeblich sind "wir" aktuell 101.141 MItglieder, die sich vermutlich auf diese Art und Weise eine Mitgliedernummer auf das Auge haben drücken lassen.

Widerstand2020 ist übrigens entstanden "als eine Idee und Vision. Aus dem Willen heraus, sich nicht mehr machtlos zu fühlen." Dass man sich dann gleich Macht über die Browserdaten der Websiteuser einverleibt... nun ja, weiß auch nicht, ob das so die freiheitliche Nummer ist...

"Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten", wird Albert Einstein im Eingangstext zitiert. Ist leider falsch so, hat Einstein nie gesagt, ist aber auch Wurst. Macht in diesem Zusammenhang eh nur Sinn, wenn man sich anschaut, wie der gleiche populistische Käse wieder einmal in anderen Farben aufgezogen wird. Wir verlassen die Website auch wieder rasch, empfehlen sie auch sofort wieder zu vergessen.

Mein Verdacht ist ja eh, dass es sich um eine KI generierte politische Fakepartei und ihren Auftritt im Internet handelt. In Zeiten, in denen Künstliche Intelligenz schon komplette Popsongs von A-Z ausrechnet und gleich produziert, hat sicher auch jemand schnell eine Partei aufs Netz gezaubert. Kann man gleich wieder vergessen, nennt sich eh nur "Victoria vom Vorstand", da steckt sicher nur eine Platine dahinter. Fakenews Bots sind so gestern, heute simuliert man einfach so ein Zeug von Grund auf, das bedient dann auch zumindest Gen X. Für Gen Z müsste "Victoria" ihr Parteiprogramm schon auf TikTok tanzen.

Bitte nicht.