Mehrwertsteuer: Wie der Strom verbilligt werden könnte
Wahlkämpfer versprechen Steuersenkungen und Erleichterungen für das Wählervolk, doch an entscheidende Reformen trauen sich die alten und künftigen Regierungsparteien nicht heran
Es ist Wahlkampf und so bringen einige Parteien mal wieder Steuersenkungen ins Spiel. Das hört sich immer gut an, aber ein genauerer Blick lohnt, um zu verstehen, wer gegebenenfalls profitieren würde. CDU und CSU möchten zum Beispiel die Schwelle anheben, ab welcher der Spitzensteuersatz fällig wird. Auch Kinderfreibeträge sollen steigen. Die SPD spricht von einer Entlastung niedriger und mittlerer Einkommen, will aber von einer Steuersenkung nichts wissen.
Ein Widerspruch? Nicht unbedingt. Auf jeden Fall ist klar, dass die von der Union vorgeschlagenen Maßnahmen vor allem den Besserverdienenden zu Gute kämen. Wer im Minijob steckt oder gar trotz eines Vollzeitjobs noch aufstocken muss, hat von derlei Steuergeschenken herzlich wenig. Das gleiche gilt natürlich für Rentner, Arbeitslose, Studenten und andere von Transferleistungen Lebende.
Ihnen könnte mit der Senkung der Mehrwertsteuer geholfen werden, denn die trifft die Bezieher niedriger Einkommen besonders hart. Wer von einem Nettoeinkommen von 1.000 Euro im Monat nach dem Bezahlen der Warmmiete vielleicht noch 600 Euro für Kleidung, Nahrung und anderen Konsum übrig hat, bezahlt davon schätzungsweise 90 Euro an Mehrwertsteuer (sieben Prozent auf Lebensmittel, 19 Prozent auf die meisten anderen Waren). Hinzu kommen noch andere Verbrauchssteuern wie unter anderem Strom-, Mineralöl-, Bier-, Branntwein- und Tabaksteuer.
Man könnte auch, statt mit der großen Schere vorzugehen und die Mehrwertsteuer generell abzusenken – wobei nicht immer klar wäre, ob der Handel das auch an die Kunden weiterreicht –, die niedrigen Einkommen auch gezielter entlasten. Zum Beispiel beim Strom, der für Menschen am unteren Einkommensende inzwischen fast unerschwinglich geworden ist, obwohl er doch eigentlich als Grundbedürfnis, als Lebensmittel gelten sollte.
Ein erster Schritt wäre, den Mehrwertsteuersatz auf Strom entsprechend von 19 auf sieben Prozent abzusenken. Das würde einem mäßig sparsamen Vier-Personen-Haushalt mit einem Jahresstromverbrauch von 4.000 Kilowattstunden, einem Grundpreis von 60 Euro im Jahr und einem Arbeitspreis von 21,5 Cent pro Kilowattstunde eine jährliche Ersparnis von 110,4 Euro bringen.
Würde man außerdem die Stromsteuer von 2,05 Cent pro Kilowattstunde streichen, die einst ausdrücklich eingeführt wurde, um die Energie zu verteuern und einen Anreiz zum Sparen zu schaffen, so hätte der besagte Haushalt eine weitere Einsparung von 82 Euro. Das wären dann zusammen schon 192 Euro Ersparnis.
Was die wenigsten wissen ist, dass auf die EEG-Umlage auch noch Mehrwertsteuer erhoben wird. Diese Umlage ist im Arbeitspreis des Stromes inbegriffen. Mit ihr wird zum einen – da die Großverbraucher meist von der Umlage ausgenommen sind – fast die gesamte Last des Aufbaus der erneuerbaren Energieträger auf die Schultern der Privatkunden und kleinen Gewerbetreibenden gelegt. Zum anderen stellt sie auch noch eine indirekte Subvention von Großverbrauchern da, da ihre spezielle Konstruktion sowie die des Strommarktes dazu führen, dass Strom an der Börse für Großabnehmer spottbillig ist.
Würde man trotz dieser Ungerechtigkeit wenigstens darauf verzichten, auf die EEG-Umlage auch noch Mehrwertsteuer zu erheben, dann könnte der oben beschriebene Haushalt weitere gut 19 Euro sparen, womit wir zusammen bei 211 Euro wären.
Im obigen Rechenbeispiel hatten wir die Mehrwertsteuer bereits auf sieben Prozent herabgesetzt. Tatsächlich zahlt der Beispielhaushalt derzeit jährlich stolze 52,28 Euro an Mehrwertsteuer auf die EEG-Umlage. Diese beträgt für ihn übrigens 275,20 Euro.
Dem stünden 211 Euro gegenüber, um die er entlastet werden könnte, wenn, die Stromsteuer abgeschafft, der Mehrwertsteuersatz auf sieben Prozent abgesenkt und die Mehrwertsteuerpflicht für die EEG-Umlage entfallen würde.