Merkel bereitet Verstaatlichung der Hypo Real Estate vor
Noch wird der Schritt als "ultima ratio" bezeichnet, aber schon jetzt wurde in die HRE, deren Wert bei 280 Millionen liegt, mit 87 Milliarden Steuergeldern schon doppelt so viel wie in das Konjunkturpaket gesteckt.
Die große Koalition aus CDU und SPD arbeitet an einem "Rettungsübernahmegesetz" (Lex HRE), um den abstürzenden Münchner Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) verstaatlichen und die Aktionäre notfalls auch enteignen zu können. Als "Ultima Ratio müssen wir überlegen, ob wir eine Enteignung vornehmen", sagte die Bundeskanzlerin Angela Merkel am Sonntag im ZDF. Um den Schlingerkurs der Bundesregierung, der wohl als Steinbrück-Debakel in die Geschichte eingeht, zu verschleiern, wird so getan, als solle sich nur um einen ganz besondern Ausnahmefall handeln. Deshalb soll dieses Gesetz nur bis zum Ende dieser Legislaturperiode gelten, dass am Mittwoch im Kabinett abgenickt werden soll.
Lange Zeit hatte man sich in Berlin gegen den britischen Weg der Verstaatlichungen gewehrt. In Großbritannien folgten nach dem Ausnahmefall Northern Rock dann noch weitere Fälle, allerdings ohne einen Absturz Großbritanniens verhindern zu können. Die Verstaatlichungen wurden auf der Insel so absurd durchgezogen, dass man zum Teil Mehrheiten an Banken hält, aber dort nichts entscheiden kann. Gordon Brown kann nicht einmal verhindern, dass bei Banken, die Rekordverluste schreiben, Milliarden an Bonuszahlungen an die Banker gezahlt werden, die für das Debakel verantwortlich sind.
Daraus scheint man in Berlin gelernt zu haben. "Auf jeden Fall wollen wir die Kontrollmehrheit", sagte Merkel. Gesprochen wird von einem Anteil von mindestens 95 Prozent, womit die HRE praktisch komplett verstaatlicht wäre. In der CSU hat man damit aber große Probleme. Der neue Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg meinte: "Jede Lösung ist besser als eine sofortige Enteignung. Ludwig Erhard würde sich sonst im Grabe umdrehen." Bei der SPD sieht man das anders und Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) stellt nun auf einmal fest, dass die HRE bereits 102 Milliarden Euro erhalten habe, "ohne dass irgendein direkter Einfluss zur Umstrukturierung gegeben ist". Diese Summe, von der 87 Milliarden vom Staat stammen, werden in eine Bank gepumpt, deren Börsenwert bei gerade einmal 280 Millionen Euro herumdümpelt. Ein "Wert", der nur noch vorhanden ist, weil Staatshilfe fließt.
Angesichts dieser Summen ist auch die Einschätzung von Merkel mehr als erstaunlich, wenn sie meint, mit dem Gesetz solle gewährleistet werden, dass die notwendige Rettung der HRE für den Staat "möglichst billig" werden solle. Allein in die Bank ist allerdings fast doppelt so viel Geld geflossen, wie nun für das zweite Konjunkturpaket locker gemacht werden soll ). Merkel widersprach Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger, denn auch in der CDU ist der neue Weg umstritten. Oettinger hatte angeregt, das Institut notfalls auch in die Insolvenz gehen zu lassen. "Das machen wir nicht", entgegnete die Kanzlerin. International habe man sich darüber verständigt, dass keine Bank zahlungsunfähig werde, die andere mitreißen könnte, gab sie eine Bestandsgarantie für große Teile des Bankensektors auf Staatskosten.
Letztlich soll mit dem Gesetz eine Drohkulisse aufgebaut werden, um den Großaktionär J.C. Flowers unter Druck zu setzen. Der US-Investor hält mit einem befreundeten Hedge-Fonds rund 24 % der Aktien an der Pleite-Bank. Er weigert sich, seine Anteile im Bereich des aktuellen Kurses zu verkaufen und spekuliert auf eine deutlich höhere Entschädigung. Man muss kein Hellseher sein, dass Flowers nun noch deutlich mehr aus den Aktien herausholen wird, die eigentlich keinerlei Wert mehr haben.