Migration als Wirtschaftsfaktor
Überweisungen von Auswanderern in ihre Herkunftsländer machen inzwischen fast ein Prozent der globalen Wirtschaftsleistung aus
Es gibt viele Gründe, weshalb Menschen in eine andere Stadt oder in ein anderes Land ziehen. Manche müssen es, weil Krieg, Naturkatastrophen oder Hunger sie zwingen. Andere machen es für eine Ausbildung oder ein besseres Einkommen, weil sie ihrer Liebe folgen oder aus Abenteuerlust. Und nicht selten ist es ein Mix aus den genannten Faktoren.
281 Millionen Menschen leben inzwischen in einem anderen Land als dem ihrer Geburt, schreibt die Internationale Organisation für Migration (IOM) in ihrem neuesten Bericht. Die absoluten Zahlen steigen, aber der Anteil dieser Menschen an der Weltbevölkerung wächst deutlich langsamer.
1990 waren es 2,87 Prozent, 30 Jahre später 3,6 Prozent. Während der großen Auswanderungswellen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts sowie in den Jahren nach 1945 dürfte der Anteil der Aus- und Einwanderer an der Weltbevölkerung größer gewesen sein.
Überweisungen an Angehörige in Herkunftsländern bedeutender Faktor
Die ökonomische Bedeutung der Migration hat sich unterdessen erheblich gewandelt. Die Überweisungen der Auswanderer an ihre Familien in den Herkunftsländern und ihre dortigen Investitionen spielen inzwischen für einige Länder eine zum Teil erhebliche Rolle und sind auch im globalen Maßstab ein wichtiger Faktor.
Im Jahr 2000 wurden nach Daten der Weltbank, die der IOM-Bericht zitiert, 126 Milliarden US-Dollar überwiesen, im Jahr 2020 waren es schon 702 Milliarden US-Dollar, wobei der pandemiebedingte Rückgang im Vergleich zu anderen wirtschaftlichen Aktivitäten mit minus 2,4 Prozent moderat ausfiel.
Was Deutschland und China gemeinsam haben
Unter den wichtigsten Empfängerländern sind, anders als man vielleicht erwarten würde, keinesfalls nur Entwicklungsländer. In absteigender Reihenfolge sind es Indien, China, Mexiko, Philippinen, Ägypten, Pakistan, Frankreich, Bangladesch, Deutschland und Nigeria.
Erwirtschaftet werden die Überweisungen vor allem in den USA und den reichen Ölmonarchien am Persischen Golf. Danach folgen die Schweiz, Deutschland, China, Russland, Frankreich, Luxemburg und die Niederlande.
Deutschland ist damit neben China das einzige Land, das sowohl als Empfänger wie auch als Absender der Auslandsüberweisungen von Migranten in der Spitzengruppe liegt. Unterm Strich flossen 2020 von hier lediglich 4,1 Milliarden US-Dollar mehr ins Ausland, als hereinkamen.
Angesichts des notorisch hohen und die Weltwirtschaft destabilisierenden deutschen Handelsbilanzüberschusses ist das auffallend wenig. Die hiesige Volkswirtschaft könnte sich einen erheblich höheren Abfluss leisten und könnte damit zum Abbau der großen Ungleichgewichte in der Welt beitragen.