Neuer Bankenwirbel in Europa
Die bulgarische Corpbank ist pleite und offenbar fallen 11 Banken beim europäischen "Stresstest" durch
Die Gerüchteküche brodelte heftig, als es im Sommer zum Bank-Run auf die bulgarische Corporate Commercial Bank (Corpbank) kam. Fakt ist, dass die Bank pleite ist. Nach diversen Meldungen haben Kontrolleure der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) die Bilanzen geprüft und der Corpbank nach Angaben der bulgarischen Notenbank ein vernichtendes Urteil ausgestellt. Die hatte die EBA mit der Kontrolle beauftragt. Die internationale Überprüfung hat ungewöhnlich schlechte Geschäftspraktiken aufgedeckt, was nicht verwundern muss, da die Bank im Sommer keine Unterlagen über Kredite in Höhe von 1,8 Milliarden Euro vorweisen konnte.
Das Institut habe Aufsichtsbehörden unglaubwürdige Informationen übermittelt und Kredite nicht ordnungsgemäß abgesichert. Zweifelhafte Geschäfte sollen zudem mit ausgefeilten Manövern vertuscht worden sein, weshalb massive Abschreibungen notwendig würden. Die viertgrößte Bank des Landes steht nun auf der Kippe. Eine Rettung des Kreditinstituts sei nur noch möglich, wenn die Gesetze geändert würden. Denn nach derzeitigen bulgarischen Gesetzen müsse der Bank die Lizenz entzogen werden. Die Zentralbank hat tiefen Einblick in die Bücher der Bank, denn sie hat nach dem Bank-Run in der Corpbank das Steuer übernommen.
Es gibt aber auch Meldungen von Interessenten für die Bank. So sollen der staatliche Fonds von Oman und die Wiener Investmentgesellschaft EPIC Interesse an einer vollständigen Übernahme der Bank haben. Doch die machen ihre Pläne von Staatshilfen abhängig, hat das Staatsradio in Sofia am Mittwoch gemeldet. Der Oman-Fonds ist schon mit 32% einer der großen Teilhaber an der Bank. Doch das verstärkte Engagement wird vom Ausschluss des Mehrheitseigners Zwetan Wassilew abhängig gemacht, der in Serbien in Auslieferungshaft sitzt. Die bulgarische Staatsanwaltschaft wirft dem Banker schweren Betrug vor, er soll zwischen 2011 bis 2014 etwa 103 Millionen Euro abgezweigt zu haben.
Gefährlich für die EU-Steuerzahler ist der Skandal um die Corpbank, weil der bulgarische Bankensektor in den europäischen Bankenverbund integriert ist. Es war die EU, die im Sommer mit einem Notkredit über 1,7 Milliarden Euro eingesprungen ist. Und das Land, in dem Korruption und organisierte Kriminalität blühen, hat auch schon einen Antrag auf Aufnahme in die Bankenunion gestellt, weshalb auch diese Pleite weiter auf die europäische Steuerzahler abgewälzt werden könnte. Da in Europa weiterhin fast alle Banken gerettet werden, könnte das nur über eine Verfassungsbeschwerde gegen die Bankenunion in Deutschland ausgebremst werden.
Das geschieht aber nur, wenn die Verfassungsrichter sich nicht erneut vor der Verantwortung drücken, wie bei der Entscheidung über die umstrittenen Anleihekäufe. Ob die Europäische Zentralbank (EZB) damit ihre Kompetenzen überschreitet, darüber wird nun vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg verhandelt.
Insgesamt kommen einem die Vorgänge bei der Corpbank ziemlich bekannt vor. Erst kürzlich kamen ähnliche Vorgänge bei der größten Bank in Portugal ans Licht. Mit der Espírito Santo (BES) wurde die letzte und größte Bank des Landes mit Steuergeldern gerettet, die aus dem europäischem Rettungsschirm stammten.
Vor der Veröffentlichung der Ergebnisse des sogenannten "Stresstests" durch die EZB und EBA am Sonntag sickern bereits vermeintliche Ergebnisse durch. Trotz der langjährigen Subventionierung der EZB sollen den Banken weiterhin 51 Milliarden Euro fehlen und elf Institute durchgefallen sein.
Getestet werden die 130 wichtigsten Banken in Eurozone und der Test soll die Grundlage für die Bankenunion sein. Die Testergebnisse gehen ab heute an die Institute. Wie bisher berichtet wird, sollen drei griechische, drei italienische, zwei österreichische, eine zyprische, eine portugiesische und vermutlich eine belgische Bank durchgefallen sein. In Österreich soll die Erste Group betroffen sein, die allerdings etwas wachsweich dementiert. "Wir halten diese Meldung für falsch", sagte Erste-Sprecher Michael Mauritz. Hoffnungen auf Klarheit über die Lage beim Nachfolger der abgestürzten portugiesischen Großbank darf man sich nicht machen. Denn mit der staatlichen Rettung wurde die Espírito Santo Bank in eine Bad Bank und in eine neue Novo Banco aufgespalten. Und die Neue Bank wurde als BES-Nachfolger nicht mehr in den Stresstest einbezogen.
Ob dieser Stresstest aussagekräftiger als frühere ist, darf bezweifelt werden. Man erinnere sich zum Beispiel daran, dass ein früherer Stresstest keine Probleme mit den Bilanzen der BES oder der spanischen Bankia hatten. Doch die Großbank stürzte dann ebenfalls ab und Spanien musste, um das Geld für die Rettung zu erhalten, unter den europäischen Rettungsschirm kriechen. Der letzte Stresstest war ein Schmierentheater, das wird nun wohl im zweiten Akt fortgesetzt.
Der Test ist Voraussetzung für die Bankenaufsicht und Bankenunion. Schon deshalb ist voraussehbar, dass den europäischen Banken insgesamt ein allgemein gutes Zeugnis ausgestellt werden wird, um die Planungen nicht zu gefährden. Dabei ist klar, dass viele Banken am Tropf des Prüfers hängen. Denn die Bankenaufsicht ist nun in der EZB angesiedelt. Etliche der Zombie-Banken wären sofort pleite, wenn die EZB die Leitzinsen erhöht.