Nukleonen auf der Waage
Unser Universum sähe anders aus, wäre das Neutron nicht ein bisschen schwerer als das Proton
0,14 Prozent - so viel mehr wiegt das Neutron im Vergleich zum arithmetischen Mittel der Massen von Neutron und Proton. Läge dieser Wert unter 0,05 Prozent, stiege die Wahrscheinlichkeit des inversen Beta-Zerfalls: Protonen würden sich in Neutronen verwandeln, Elemente, wie wir sie kennen, gäbe es nicht. Bei einem deutlich höheren Wert hingegen würden die Neutronen noch wesentlich instabiler als jetzt. Auch das wäre dem Universum nicht bekommen, entfiele doch die Möglichkeit, im Brennprozess der Sterne schwerere Elemente zu erzeugen (die ja mangels Neutronen nicht stabil blieben).
Doch warum ist der Massen-Unterschied zwischen Proton und Neutron genau so groß, wie wir ihn beobachten können? Die einfachste Erklärung wäre: Weil wir ihn beobachten können. Wäre er anders, gäbe es uns nicht. Aber eine solche Begründung ist Physikern zu philosophisch. Tatsächlich lässt sich die Massendifferenz nämlich auch "ab initio" (also rein aus der Theorie, ohne Verwendung von Messwerten) berechnen, wie Forscher jetzt in einem Science-Paper zeigen.
Zum ersten Mal fließen hier alle wichtigen Wechselwirkungen in die Berechnung ein. Es zeigt sich, dass Effekte des Elektromagnetismus und kleine Unterschiede der Quark-Massen in einer Art und Weise konkurrieren, dass die Massendifferenz insgesamt relativ gering (aber nicht zu gering) wird. Dabei erreichen die Wissenschaftler mit ihrer Simulation für einige Teilergebnisse Genauigkeiten, die über den aktuellen Messergebnissen liegen - und damit Raum für eine Überprüfung der Berechnungen (und damit der zugrunde liegenden Theorie) lassen.