Null-Euro-Jobs? Aber das sind doch keine Jobs ...
Das "Team.Arbeit.Hamburg" hat wieder neue Ideen zur Qualifizierung und Aktivierung von Langzeitarbeitslosen. Und beschränkt sich bei Nachfragen auf Nullaussagen.
Das "Team.Arbeit.Hamburg" stellt sich auf seiner Homepage als Institution dar, deren Kernaufgabe darin besteht, "Erwerbsfähige Leistungsberechtigte bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit unterstützen und den Lebensunterhalt auch der mit ihnen in einer sog. Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen zu sichern". Die Art und Weise, wie das Jobcenter Team.Arbeit.Hamburg dabei vorgeht, steht spätestens seit den Schlagzeilen um einen "Trainingssupermarkt" in der öffentlichen Kritik.
Bei diesem Trainingssupermarkt wurde Langzeitarbeitslosen vermittelt, wie ein (Super)markt funktioniert – von der Warenannahme bis hin zu Lagerhaltung, zum Verkauf, zur Kundenansprache und zu Bestellungen wurde hier erläutert, was alles im Bereich Einzelhandel wichtig ist.
Nun könnte dies natürlich auch im Zuge von (bezahlten) Praktika vermittelt werden - doch das Team.Arbeit.Hamburg entschloss sich stattdessen für eine Qualifizierungsmaßnahme, die das gesamte Geschehen simulierte: Aufblasbare Käselaibe, mit (gefärbtem) Wasser gefüllte Flaschen, Spielgeld und leere Pseudoverpackungen ersetzten die echten Waren und das echte Geld.
Von 161 angemeldeten Teilnehmern, die bei Verweigerung bzw. fehlender Mitarbeit mit Sanktionen rechnen mussten, wurden zum Zeitpunkt der ersten größeren Medienberichte darüber14 Langzeitarbeitssuchende vermittelt – in Zeitarbeitsplätze in der Lagerhaltung. Die Kosten, die nie genau beziffert wurden, gab man mit einer zumindest einstelligen Millionenhöhe an – darunter "sei nichts zu machen".
Jetzt, 2014, hat das Team.Arbeit.Hamburg erneut eine Idee, wie Langzeitarbeitssuchende wieder in den "Arbeitsmarkt eingegliedert werden können": Neuen Medienberichten sollen 512 Arbeitslose ab dem 1. Dezember ganz ohne Bezahlung Maler- Garten- und Küchenarbeiten durchführen.
Die Antwort des Team.Arbeit.Hamburg auf eine Anfrage zu diesen Vorwürfen zeigt, wie sehr sich Jobcenter mittlerweile bemühen, mittels Textbausteinen und Rabulistik genaue Angaben zu vermeiden:
"Trifft es zu, dass die Langzeitarbeitslosen an diesem Projekt, so sie
dem zugeteilt werden, teilnehmen müssen um nicht sanktioniert zu werden?" lautete die erste Frage an das Team.Arbeit.Hamburg. Eine nicht unwichtige Frage, die darauf abzielt, die Freiwilligkeit (bzw. auch die Frage, inwieweit hier nicht Arbeitgeber subventioniert werden) bewerten zu können.
Statt auf diese Frage explizit einzugehen, bemüht sich das Team.Arbeit.Hamburg gleich zu Beginn, den "kursierenden Begriff" des "Null-Euro-Jobs" als falsch herauszustellen. Es handele sich schließlich um eine Aktivierungs- und Qualifizierungsmaßnahme: "Daraus ergibt sich auch die korrekte Bezeichnung „Perspektive Beruf - Plus (Praxis, Lernen und soziale Entwicklung)“ schreibt die Sprecherin des Team.Arbeit.Hamburg.
Hier zeigt sich bereits die Problematik, dass immer öfter Aktivierungs- und Qualifizierungsmaßnahmen in Form von z.B. Praktika vergeben werden, die für die sich bewerbenden Unternehmen mit keinerlei Personalkosten verbunden sind, aber für die "Vermittelten" bedeuten, dass sie als Null-Euro-Arbeitskräfte eingesetzt werden. Sieht man sich die Länge der diversen Aktivierungs- und Qualifizierungsmaßnahmen an, so kann dies für Unternehmen durchaus eine günstige Gelegenheit sein.
Außerdem teilt das Team.Arbeit.Hamburg mit:
"Die Teilnahme an der Maßnahme wird grundsätzlich zwischen Jobcenter und den Kundinnen und Kunden vereinbart. Weit überwiegend erfolgt die Maßnahmeauswahl einvernehmlich und die Kundin bzw. der Kunde erlebt die Möglichkeit der Maßnahmeteilnahme als Chance für den eigenen Integrationsprozess. Sanktionen treten nur dann als gesetzliche Rechtsfolge ein, wenn sich die Kundin bzw. der Kunde nicht an die Vereinbarung hält und damit den Fortgang des Integrationsprozesses erschwert bzw. verhindert."
Weniger verklausuliert, bedeutet dies nichts anderes, als dass letztendlich die Teilnahme verbindlich ist.
Fragen zu einer etwaigen Bezahlung der Teilnehmer durch die Unternehmen sowie nach den angeblich vierstelligen Boni, welche die Arbeitgeber erhalten, sollten sie die Teilnehmer nach der Maßnahme in Arbeitsverhältnisse übernehmen bzw. vermitteln, werden gegendert, aber ausweichend beantwortet:
"Der 'Auftragnehmer' (hier der Träger der Maßnahme) würde im Falle einer Arbeitsvermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung während der individuellen Teilnahmedauer für jede/n erfolgreich vermittelte/n Teilnehmerin/Teilnehmer eine Vermittlungsvergütung in Höhe von 2.000 Euro erhalten. Das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis muss mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassen und darf nicht von vornherein auf eine Dauer von weniger als drei Monaten begrenzt sein."
Einfach formuliert: Das Unternehmen, das für längere Zeit bereits eine kostenneutrale Arbeitskraft nutzen konnte, erhält nun, so es nur eine geringfügige Beschäftigung mit 15 Stunden wöchentlich anbietet, noch einen Bonus in Höhe von 2.000 Euro als Belohnung für seinen Dienst an der Vermittlung in den Arbeitsmarkt. Für die Unternehmen durchaus eine lohnende Investition.
Für die Langzeitarbeitssuchenden bedeutet dies eine weitere Maßnahme, zu der sie verplichtet werden und bei der ihre Arbeitskraft genutzt wird, ohne dass sie davon davon finanziell profitieren. Zwar würden Fahrtkosten, Arbeitskleidung und Kinderbetreuungskosten auf Antrag erstattet werden, beeilt sich das Team.Arbeit.Hamburg mitzuteilen, doch für ihren Arbeitseinsatz an sich erhalten sie keinerlei zusätzliche Leistungen. Inwiefern dies also dem Begriff "Null Euro Job" widerspricht, bleibt offen.