Obszöne Dividenden
Gewinnausschüttung trotz reichlicher Staatshilfen, die ein CDU-Politiker gerne mit Rentenkürzungen finanzieren würde
Das ist selbst manchem bürgerlichen Parteigänger zu viel. Mitten in der Pandemie, nach Kaufprämien für Lkw und E-Autos sowie über 700-Millionen-Euro-Hilfen in Form von Kurzarbeitergeld schüttet Daimler reichlich Dividende aus. 1,35 Euro pro Aktie gibt es, 50 Prozent mehr als im Vorjahr, berichtet das Handelsblatt. Insgesamt fließen 1,4 Milliarden Euro in die Kassen der Aktionäre.
Selbst aus den Reihen der CDU wird da eine "gewisse Sensibilität" angemahnt. Eine Meinungsumfrage im Auftrag der Automobilwoche ergab eine hohe Ablehnung in der Bevölkerung.
Doch die Stuttgarter Autobauer sind nicht die einzigen, die ihre Aktionäre beglücken. Nach einem Bericht der Tagesschau wird erwartet, dass die im Dax und MDAX gelisteten Konzerne in diesem Jahr 34 Milliarden Euro ausschütten, was geringfügig mehr als im Vorjahr wäre.
Auch BMW und VW wollen Dividenden zahlen. Die Wolfsburger so viel wie im Vorjahr (4,86 Euro pro Aktie) und die Bayern mit 1,90 Euro pro Aktie etwas weniger als 2020.
Da fragt man sich schon, wofür das ganze Gejammer, wofür die Kaufprämien und die Autogipfel, wofür die Forderung nach immer neuer staatlicher Unterstützung für den anstehenden Strukturwandel der Automobilindustrie. Kann den Konzernen kein unternehmerisches Risiko zugemutet werden?
Und all diese Geschenke aus dem Steuersäckel in einer Zeit, in der durch die Pandemie zum einen Millionen Menschen in Krankenhäusern, Pflegeheimen, an den Kassen der Supermärkte oder hinter dem Steuer der Paketzusteller für wenig Lohn bis an ihre Grenzen gehen müssen und zum anderen die Staatsverschuldung wegen zusätzlicher Ausgaben in neue Höhen klettert.
Kürzungsdebatten im Superwahljahr
Schon werden aus der CDU die ersten Rufe laut, zur Sanierung des Haushalts mal wieder bei denen zu kürzen, die ohnehin kaum haben. So stellt zum Beispiel der Hamburger Unionsvorsitzende Christoph Ploß die Mütter- und Grundrente sowie die abschlagsfreie Rente ab 63 in Frage.
Das ist im Superwahljahr natürlich nicht besonders geschickt, weshalb der Jungpolitiker flugs wieder etwa zurückruderte. Jeder in der CDU wolle einen starken Sozialstaat. Aber man kann wohl sicher sein, dass entsprechende Debatten losgetreten werden, sobald am 26. September die Wahllokale schließen.
Es ginge allerdings auch anders. Etwa so wie es der nicht gerade sozialistischer (und schon gar nicht pazifistischer) Neigung verdächtige US-Präsident Joe Biden plant. Für sein XXL-Kunjunkturprogramm, will er die Reichen zur Kasse bitten, wie die Tagesschau berichtet.
Demnach könnte es, sofern das Parlament mitspielt, eine Mindeststeuer für alle internationalen Konzerne und höhere Steuern für alle mit einem Jahreseinkommen über 400.000 US-Dollar (340.000 Euro) geben.