"Politischer Rocky" oder Trojanisches Pferd der Republikaner?
Alvin Greene ist schwarz, ungebildet und mittellos – trotzdem gewann er die demokratischen Senatsvorwahlen in Nordcarolina
In den USA benötigt man zum Gewinnen einer Wahl gemeinhin viel Geld. Alleine die Registrierungsgebühr für eine demokratische Senatsvorwahl in Nordcarolina liegt bei 10.400 Dollar. Der finanzielle Aufwand für Werbung, den Kandidaten für so eine Abstimmung betreiben, liegt im allgemeinen noch wesentlich höher. Insofern ist es wenig verwunderlich, dass der Sieg eines mittellosen und ungebildeten Schwarzen, der nicht einmal eine Website betreibt, in amerikanischen Medien auf große Skepsis stößt.
Dort vermutet man, dass Alvin Greene, der die offene demokratische Senatsvorwahl in Nordcarolina unter genau diesen Voraussetzungen gewann, ein Trojanisches Pferd der Republikanischen Partei sein könnte. Dafür spricht, dass nicht ganz klar ist, woher der Kandidat das Geld für seine Registrierung hatte; dagegen, dass der Senatssitz in Nordcarolina sich ohnehin fest in republikanischer Hand befindet und die Republikaner bei den nächsten Herbstwahlen landesweit mit hohen Zugewinnen rechnen.
Zudem wird es umso schwieriger, eine Verschwörung geheim und spurenfrei zu halten, je mehr Personen dazu benötigt werden. Und in diesem Fall wären immerhin 100.000 Wähler nötig gewesen. Möglicherweise wirkten hier auch verschiedene Kräfte zusammen: Ein unbekannter Sponsor, der Greene – aus welchen Gründen auch immer – die Registrierung finanzierte und eine extrem große Unzufriedenheit mit dem Washingtoner Establishment, die dafür sorgte, dass der arbeitslose ehemalige Berufssoldat mit 59 zu 41 Prozent gegen den etablierten Berufspolitiker Vic Rawl gewann, der 186.000 Dollar für seinen Wahlkampf ausgab.
An den Schaltstellen der demokratischen Partei rätselt man eher, als sich auf die Verschwörungsmöglichkeit zu konzentrieren. Die Bundesstaatsvorsitzende Carol Fowler sprach öffentlich von der Möglichkeit, dass Greene nur deshalb gewonnen haben könnte, weil sein Name in alphabetischer Reihenfolge auf dem Wahlzettel als erster gelistet wurde. Eine Theorie, die nicht unbedingt als Kompliment für die Wähler der eigenen Partei gewertet werden kann. Andere Kommentatoren spekulieren über einen unerwarteten Erfolg der überparteilichen Wahlbeteiligungssteigerungsinitiative UCubed, die in ihren Fernsehspots vor allem Arbeitslose angesprochen und damit Greene genutzt haben könnte.
In jedem Fall tritt nun der selbst arbeitslose Greene im Herbst gegen den republikanischen Amtsinhaber Jim DeMint an, der bislang dreieinhalb Millionen Dollar für seinen Wahlkampf gesammelt hat. Greenes Wahlkampfkonto liegt bei gut 130 Dollar. Allerdings könnte gerade die landesweite Aufmerksamkeit, die der Kandidat durch seinen Sensationssieg genießt, durch eine Art Susan-Boyle-Effekt die Karten zumindest ein bisschen neu mischen: Huffington-Bost-Blogger Earl Ofari Hutchinson feierte Greene schon als "Amerikas lang ersehnten politischen Rocky".
Er gibt zu bedenken, dass der etablierte Demokrat Rawl in dem republikanisch dominierten Bundesstaat ohnehin keine Chance gehabt hätte, während Greene als "Anti-Politiker" jene sechzig Prozent der Wählerschaft ansprechen könnte, die Anfang Juni angaben, Kandidaten zu bevorzugen, die keine Kongresserfahrung haben. Etwas verschlüsselter führt er weiterhin an, dass Greene selbst im schlimmsten Fall kaum korrupter sein könne als die üblichen Kandidaten mit ihren engen Verbindungen zu Banken und anderen Unternehmen.
Bereits im März hatte die Demokratische Partei eine Überraschung erlebt, als die chancenlos geglaubte Kesha Rogers die Vorwahlen im texanischen Houston gewann. Ihren Erfolg erklärte man mit dem Geld ihres Mentors Lyndon LaRouche, dessen Bewegung sie angehört, und damit, dass sie als einzige Kandidatin in der Raumfahrtstadt den Widerstand gegen Obamas Streichung bemannter Mondflüge in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfs gestellt hatte.