Portugal in Bedrängnis
Die Bonität des Landes ist nun auf einer Stufe direkt vor dem Ramsch-Status angekommen
Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) hat sich kaum Zeit gelassen und am Dienstag wieder die Kreditwürdigkeit Portugals gesenkt. Nur vier Tage nach der letzten Abstufung wurde die Bonität des Landes erneut herabgestuft. Mit der Note "BBB-" liegt Portugal nur noch eine Stufe über dem sogenannten Ramsch-Status. Auf dieses Niveau hatte S&P im April 2010 schon Griechenland zurückgestuft und damit wurden die eiligen Rettungsmaßnahmen nötig, die Deutschland lange Zeit gebremst hatte. Griechenland ist wird längst als "Junk-Bond" gesehen. Die Bonitätsnote wurde von S&P erneut um zwei Stufen gesenkt und steht nun schon auf "BB-". Es handelt sich damit um eine spekulative Anlage, bei der mit Ausfällen gerechnet werden muss.
Der Druck auf das Euro-Land Portugal, nach Griechenland und Irland ebenfalls Hilfen von der EU und dem IWF anzunehmen, wird damit immer größer. Die Zinsen für portugiesische Staatsanleihen verteuern sich weiter. Schon in den letzten Monaten stiegen die Refinanzierungskosten des Landes auf immer neue Rekordwerte. Die politische Krise nach dem Rücktritt von Ministerpräsident Socrates vor dem EU-Gipfel in der letzten Woche treibt den Vorgang zusätzlich an. Die sozialistische Minderheitsregierung scheiterte mit dem vierten Sparpaket an der gesamten Opposition.
Auch wenn Socrates weiterhin keine Hilfe beantragen will, kommt der Gang unter den Rettungsschirm immer näher. Der Vorsitzende der Eurogruppe und Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker hat schon eine Größenordnung von 75 Milliarden Euro in den Raum gestellt. Allein im April braucht Portugal 4,3 Milliarden Euro und seine zehnjährigen Staatsanleihen werden nach der Abstufung am Dienstag schon mit einer Zinshöhe von unbezahlbaren 8,2% gehandelt.
S&P begründet die Verschlechterung der Bonität von Portugal und Griechenland ausdrücklich auch mit den Ergebnissen des EU-Gipfels, der eigentlich dazu dienen sollte, die Märkte zu beruhigen. Die Staats- und Regierungschefs haben aber die Einrichtung eines permanenten Mechanismus zur Euro-Absicherung beschlossen. Der European Stability Mechanism (ESM) soll Mitte 2013 den zeitlich befristeten Krisenfonds EFSF (European Financial Stability Facility) ablösen. Doch die Tatsache, dass ab 2013 beim Auftreten des "unerwarteten Falls" einer Staatspleite auch private Gläubiger wie Banken mit einem Forderungsaufschub oder -verzicht an der Rettung teilweise beteiligt werden könnten, macht diese unruhig.
S&P schreibt, dass der ESM für private Anleihe-Gläubiger erhebliche Risiken berge. Für Griechenland geht S&P davon aus, dass es zu einer Umschuldung kommen wird, die mit einem "Haircut" verbunden sein würde, also einem teilweisen Forderungsverzicht. S&P sieht die Möglichkeit, dass Portugal "vielleicht 2013 in der Lage ist, ESM-Mittel ohne Umschuldung" zu erhalten, um "die Staatsverschuldung auf einen nachhaltigen Weg zu bringen". Denn auf dem Gipfel in Brüssel wurde festgelegt, dass die Gewährung von ESM-Krediten davon abhängig gemacht wird, "dass der Mitgliedstaat über einen glaubwürdigen Plan verfügt und ausreichend Einsatz zeigt, um eine angemessene und verhältnismäßige Beteiligung des Privatsektors sicherzustellen". Dass Portugal unter den EFSF muss, davon geht man in New York bei S&P längst aus.
Da Portugal in die Rezession zurückgespart wurde, geht die Ratingagentur davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt des Landes 2011 sogar um 2% schrumpft, 2012 sei erneut ein Minus von 1% zu erwarten. Diese Tatsache wird ebenfalls als Grund für die neue Bewertung angeführt und deshalb der Ausblick weiter auf "negativ" gesetzt. Die portugiesische Zentralbank hat ihrerseits die eigene Wachstumsprognose ebenfalls nach unten korrigiert. Die Banco de Portugal (BdP) erwartet nun -1,4% für 2011. Im Januar hatte die Zentralbank noch -1,3% prognostiziert. Für 2012 erwartet die BdP ein schwaches Wachstum von 0,3%. Im Winter war sie noch von 0,6% ausgegangen.
Dass diese S&P Einstufung einigermaßen willkürlich ist und offenbar zum Ziel hat, Portugal unter den Rettungsschirm zu treiben, zeigt sich auch, wenn man das Rating Portugals mit dem Irlands vergleicht. Zwar hatte S&P auch Irland im Februar abgestuft, doch das Land erhält mit "A-" weiterhin eine recht gute Note, die drei Stufen über der Note Portugals liegt. Wie sich das mit einem Haushaltsdefizit verträgt, das 14,4% (2009) wegen der Bankenrettung 2010 auf 32% explodiert ist, ist nur schwer verdaulich. Anders als Irland konnte Portugal sein Defizit von 9,3 % (2009) im vergangen Jahr voraussichtlich auf 7,3% senken. Und auch die Staatsverschuldung Irlands, das ebenfalls einen Rücktritt und vorgezogene Neuwahlen erlebt hat, liegt inzwischen deutlich über der Portugals.