"Portugal ist nicht Griechenland"
Die Europäische Zentralbank nimmt Portugal in Schutz, doch Staatsanleihen und CDS werden immer teurer, Euro-Länder billigen Griechenlandhilfe
Spekulanten haben sich nach Griechenland mit Portugal ein neues Opfer gesucht. Am Donnerstag sah sich der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) gezwungen, das kleine Land in Schutz zu nehmen. "Portugal und Griechenland sitzen nicht im selben Boot, und das ist auch klar erkennbar, wenn man auf die Zahlen und Fakten schaut", sagte Jean-Claude Trichet am Donnerstag in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon.
Doch der Schlingerkurs in Berlin zur Griechenland-Hilfe, hat auch die Zinsen für portugiesische Staatsanleihen in die Höhe getrieben. Die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen des Landes haben trotz der Worte von Trichet die Marke von 6% überschritten. Sie erreichten am Donnerstag mit 6,09 % einen neuen Rekord. Am Vortag rentierten die Anleihen schon mit 5,8 % und Anfang Mai lagen sie bei 5 %. Abgeschwächt lässt sich die Entwicklung auch in Spanien beobachten, dass am Scheideweg angelangt ist. Portugal muss für seine Schulden nun schon doppelt so hohe Zinsen bieten wie Deutschland. Damit steigen die Kosten, die Haushaltslage wird weiter belastet und Sparanstrengungen zunichte gemacht.
Bei den Zinsen ist Portugal nun auf dem Niveau angelangt, auf das Griechenland schon im Januar gehoben wurde, als über eine Pleite spekuliert wurde und auch Portugal ins Blickfeld geriet. Die Rating-Agentur Moody's nannte Griechenland und Portugal in einem Atemzug und sprach vom möglichen "langsamen Tod" beider Länder. Doch mit den Fundamentaldaten des Landes hat das wenig zu tun. Die Verschuldung Portugals liegt mit 76,8 % im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) nur leicht über der in Deutschland und weit unter der Italiens (115,8%) oder Griechenlands (115,1%). Auch beim Haushaltsdefizit setzte sich Portugal 2009 mit 9,4 % deutlich von der Spitzengruppe um Irland, Griechenland, Großbritannien und Spanien ab. Die Arbeitslosenquote ist nur etwa halb so hoch wie beim spanischen Nachbar und damit werden nicht derart enorme Löcher in die Haushaltskassen Lissabons gerissen.
Trotz dieser Daten und der Sparpläne Portugals, die als glaubwürdig und konkret gelten, wird die Kreditwürdigkeit des Landes ständig herabgestuft, womit die Zinsen steigen. So ist die Bonität Portugals bei der Rating-Agentur Fitch inzwischen schon auf "AA-" gesenkt worden, das sind drei Stufen unter der Bestnote "AAA", die Fitch noch immer Spanien und Großbritannien verleiht. Kürzlich legte Standard & Poor's (S&P) nach und senkte die Bonität Portugals um zwei Stufen sogar auf ein absurdes "A-".
Ganz deutlich kann die Spekulation gegen Portugal an den sogenannten "Credit Default Swaps" (CDS) aufgezeigt werden. Es handelt sich um eine Art Kreditausfallversicherung und die Preise für dieses Spekulationsvehikel explodieren. Portugiesische CDS-Papiere notieren nun schon bei 495 Basispunkten. Das bedeutet, dass es 495.000 Euro jährlich kostet, um portugiesische Anleihen im Volumen von 10 Millionen Euro zu versichern. Damit ist Portugal schon auf dem Wert angekommen, der für griechische CDS-Papiere Mitte April infografik-so-spekuliert-man-gegen-griechenland/50099692.html: gezahlt werden musste, kurz bevor das Land den Notfallplan auslösen musste.
Und nun brachte Moody's erneut Portugal ins Gespräch. Die Rating-Agentur sieht eine Ansteckungsgefahr durch die Griechenland-Krise. Die durch die Abstufungen provozierten höheren Finanzierungskosten werden als Begründung angeführt, dass eine Gefahr bestünde, dass sich die Entwicklung auf den portugiesischen Bankensektor ausweitet, schreibt Moody's. Die Katze beißt sich in den Schwanz und man darf fragen, ob hier gezielt eine Krise herbeigeredet wird, damit auch das eintritt, worauf hohe Wetten abgeschlossen wurden.
Letztlich dürfte über das kleine Portugal der Angriff auf Spanien ausgeführt werden, denn die spanischen Banken sind enorm beim Nachbar engagiert und insgesamt sind die Wirtschaftsdaten aus Madrid düsterer. Und wenn mit Spanien die viertgrößte Wirtschaft im Euroraum abstürzt, dann dürfte das gravierende Folgen auch für den Euro haben, der ebenfalls von einem Jahrestief zum nächsten stürzt. Die Forderungen nach einer europäischen Rating-Agentur wurden deshalb vor dem Sonder-Gipfeltreffen in Brüssel am Freitag-Abend noch lauter.
Auf dem Gipfel haben die Staats- und Regierungschefs die Nothilfe für Griechenland förmlich beschlossen. Zuvor hatten der Bundesrat und der Bundestag die deutschen Hilfen erwartungsgemäß abgesegnet. Nur die Linkspartei stimmte dagegen, die SPD enthielt sich. Die Grünen stimmten dann doch zu, obwohl ihre zentrale Forderung, die Bekenntnis zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer, nicht ins Gesetz aufgenommen wurde. Dafür war vor allem die FDP verantwortlich. Die Grünen argumentierten, das Hilfspaket sei zur Sicherung des Euro und der Zukunft Europas notwendig. Dabei hing die Annahme des Gesetzes nicht einmal von ihren Stimmen ab.