Quecksilber: Schärfere Grenzwerte nötig

Umweltschützer fordern Bundesregierung auf, sich im Rahmen der EU für schärfere Normen für Kohlekraftwerke einzusetzen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Anfang Juni legen EU-Fachleute im spanischen Sevilla neue Emissions-Standards für Großkraftwerke fest. Konkret geht es dabei um die Definition von Best-Praxis-Technologie für die Abgasreinigung im Rahmen der EU-Direktive über Industrielle Emissionen, die ab 2020 gelten werden.

In diesem Zusammenhang kritisiert die Umweltorganisation Greenpeace das Verhalten der Bundesregierung. Ihr seien die Gesundheitsgefahren von Quecksilber offensichtlich nicht bewusst. Die in dem für Sevilla vorliegenden Entwurf diskutierten Standards liefen auf einen Quecksilber-Grenzwert von 10 Mikrogramm pro Kubikmeter Abluft hinaus, möglich sei mit moderner Filtertechnik jedoch schon jetzt ein Reinheitsgrad von 1 Mikrogramm pro Kubikmeter.

In Deutschland erlaubt die sogenannte Großfeuerungsanlagenverordnung Kohlekraftwerken den Ausstoß von maximal 30 Mikrogramm Quecksilber pro Kubikmeter Abluft. Das hört sich nicht nach viel an, doch ein moderne 800-MW-Großkraftwerke bläst ohne weiteres zwei Millionen Kubikmeter Abgase pro Stunde in die Atmosphäre. Das wären dann je nach Auslastung der Anlage 360 bis fast 500 Kilogramm Quecksilber im Jahr.

Die Umweltschützer haben Peter Jennrich und Fritz Kalberlah vom Forschungs- und Beratungsinstitut Gefahrstoffe in Freiburg gebeten, für sie in einer kurzen Studie den Kenntnisstand über die Gesundheitsgefahren von Quecksilber zusammenzufassen. Das Ergebnis: Schon geringe Quecksilbermengen im Körper können in Kombination mit anderen Schwermetallen gravierende Gesundheitsschäden hervorrufen.

"Deutschland hat ein gravierendes Quecksilberproblem. Die Belastung für Mensch und Umwelt ist deutlich zu hoch und es gibt dramatische Verdachtsmomente, dass Quecksilber neben neurologischen Schäden bei Kindern auch Krankheiten wie Alzheimer begünstigt."
Fritz Kalberlah, Forschungs- und Beratungsinstitut Gefahrstoffe

Gefährlich sind für den Menschen vor allem organische Quecksilberverbindungen, die unter anderem unter sauerstoffarmen Gewässern und Sedimenten von Bakterien gebildet werden. Trotz der in den letzten Jahrzehnten eingeführten Grenzwerte gehe die Belastung nicht zurück, so die beiden Autoren in ihrer Untersuchung. Im Rahmen des Klimawandels könne es durch vermehrte Überschwemmungen sogar zu erhöhte Produktion organischer Quecksilber-Verbindungen kommen.

"Jedes dritte in der EU geborene Baby kommt heute mit zu hohen Quecksilberwerten zur Welt – hier droht ein schleichender Intelligenzverlust. Sichere Aufnahmegrenzwerte für Menschen gibt es nicht. Um die Menschen zu schützen, müssen die Quecksilberemissionen drastisch reduziert werden."
Peter Jennrich, Forschungs- und Beratungsinstitut Gefahrstoffe