Rajoy lässt sich weiter Zeit mit Regierungsbildung

Die rechtsliberalen Ciudadanos wollen ihn nun unterstützen und bringen etwas Bewegung in die spanische Regierungsbildung

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Es kommt nun Bewegung in die Regierungsbildung in Spanien, die auch nach den Neuwahlen im Juni bisher festgefahren war. Der Chef der spanischen rechtsliberalen Ciudadanos (Bürger) hat zugegeben, dass er erneut einen "Frosch geschluckt" habe. Denn nun will seine Partei ihre Stimmen doch dem konservativen Mariano Rajoy geben. In zwei Wahlkämpfen hatte er dagegen stets erklärt, in keiner Form zu helfen, dass der konservative Mariano Rajoy weiterregieren kann.

Doch die Position weichte Albert Rivera in den letzten Wochen nach und nach auf. Zuletzt wollte sich seine Partei enthalten, um Rajoy an die Regierung zu bringen und einen dritten Wahlgang zu verhindern. Da damit Rajoys Wahl unmöglich wäre, bot er ihm und dessen Volkspartei (PP) an, unter sechs Bedingungen und einer Vorbedingung an, doch mit Ja zu stimmen. Eine Vorbedingung vor dem Treffen am Mittwoch war, Rajoy müsse zusichern, zur Regierungsbildung vor das Parlament zu treten.

Nun hätten die Ciudadanos den Dialog aber schon vor dem Treffen abbrechen können. Die Vorbedingung war nicht erfüllt. Rivera konnte Rajoy dann nicht einmal im Gespräch die Zusage abringen, sich zur Regierungsbildung dem Parlament zu stellen. Dabei schreibt das sogar die Verfassung eindeutig vor, wenn ein Kandidat den Auftrag vom König erhalten hat. "Wir werden sehen", sagte Rajoy nur lapidar auf entsprechende Fragen. Obwohl er auch mit Blick auf die EU-Kommission stets beschwört, Spanien brauche dringend eine Regierung, die das Land seit vergangenem Dezember nicht mehr hat, spielt er auf Zeit.

Erst nächsten Mittwoch soll die PP-Führung nun über die Bedingungen debattieren. Eines macht er aber klar: "Wenn Sánchez sein Nein beibehält, werden die Wahlen wiederholt." Das wären dann die dritten Wahlen in einem Jahr, sollte der Sozialistenchef Rajoy nicht durch Enthaltung an die Regierung bringen. Denn auch mit den Ciudadanos hat er keine Mehrheit. Selbst wenn Rivera weiter umfällt, der am Donnerstag noch erklärte, seine Partei werde unter "keinen Umständen" in eine Rajoy-Regierung eintreten, wäre auch das nur eine schwache Minderheitsregierung.

Doch Sánchez gibt nicht nach. Aus dem Urlaub bekräftigte er das "Nein" per Twitter. Man werde angesichts der "Kampagne" nicht nachgeben, mit der Ciudadanos und PP Druck auf die Sozialisten der PSOE ausüben wollen, unterstrich der Parteisprecher Oscar López. Rajoy solle sich in der Rechten Unterstützung suchen. Man sei die Alternative und werde nicht die unsoziale Politik unterstützen, die man ablehne. Er erinnerte auch daran, dass das Nein einstimmig von der Parteiführung beschlossen worden sei.

Der Chef von Podemos (Wir können es) hatte längst vorhergesagt, dass die Ciudadanos letztlich Rajoy unterstützen würden. "Riveras folgt den Anweisungen der Eliten und wird Rajoy wählen", teilte Pablo Iglesias erneut über Twitter mit. Er wies aber darauf hin, dass "eine Alternative weiter möglich" sei, die Rajoy mit seiner Neuwahldrohung ausklammert. Iglesias forderte damit Sánchez weiter auf, endlich die Initiative zur Bildung einer Linksregierung zu ergreifen. Man könne nicht Nein zu Rajoy, Nein zu Neuwahlen und Nein zu einer möglichen Linksregierung sagen, macht Podemos ihrerseits Druck.

"Es ist Wahnsinn, die korrupteste Partei mit einer parlamentarischen Untersuchungskommission zu beauftragen"

PSOE und Podemos sind sich weitgehend einig, dass die sechs Ciudadanos-Bedingungen es der PP sehr einfach machen. Bei den Forderungen nach einer Reform des Wahlgesetzes und der Verfassung kann die sich dahinter verstecken, dass dafür Oppositionsstimmen benötigt werden. Sie sprechen auch an, dass Rajoy nun gerade eine Parteiführung über Maßnahmen gegen Korruption entscheiden lässt, in der etliche Politiker sitzen, denen selbst Korruption vorgeworfen wird.

"Es ist Wahnsinn, die korrupteste Partei mit einer parlamentarischen Untersuchungskommission zu beauftragen", erklärte die Podemos-Führerin Carolina Bescansa. Es sei ein "eklatanter Widerspruch", dass sie illegale Finanzierung über Schmiergelder in den letzten 20 Jahren untersuchen solle, während man gleichzeitig diese Partei erneut an die Regierung bringen will. Verhindern könnte die PP diese Untersuchungskommission zu ihrem ehemaligen Schatzmeister ohnehin nicht, da die Ciudadanos im Parlament sie mit anderen Parteien durchsetzen könnte. Ohnehin hat Luis Bárcenas die Vorwürfe vor einem Richter bestätigt. Erstmals wird deshalb mit der PP eine gesamte Partei angeklagt.

Rivera biete mit ihren Bedingungen der PP an, "so zu tun, als ändere sie etwas, um nichts zu verändern", fügte Bescansa an. Tatsächlich kann von der von Rivera eigentlich geforderten "Erneuerung" keine Rede mehr sein. Und keine der von ihm gestellten Bedingungen habe etwas mit der "sozialen Notlage" im Land zu tun. Da die EU-Kommission neue Haushaltskürzungen fordert, weil Spanien weiter gegen die Stabilitätsziele verstößt, bedeute eine PP-Regierung weitere Privatisierungen und Einschnitte ins Sozialsystem, meint Podemos.