Roboter: Mal wieder über Kommunismus reden
In China hält das Roboter-Zeitalter Einzug und bringt Kapitalisten dazu, über Kommunismus nachzudenken
Chinesische Unternehmen haben im letzten Jahren 90.000 Industrieroboter verkauft, berichtet die Global Times. Die will sich damit natürlich sozusagen selbst ein wenig auf die Schulter klopfen, denn das Blatt ist das Sprachrohr der Regierungspartei. Dennoch ist es eine Zahl, die aufhorchen lässt. Sie sagt etwas über den globalen Megatrend Automatisation aus, und darüber, wer in diesem den Takt angeben wird. Und sie wirft ein paar wichtige Fragen auf.
Dabei kommen nicht alle von chinesischen Unternehmen hergestellten Automaten aus China. Die Roboter von Kuka werden zum Beispiel in Augsburg gefertigt. Vor nicht ganz einem Jahr hatte der chinesische Hausgerätekonzern Midea den bayerischen Hersteller übernommen, um ihn in China zur Nummer eins auf dem dort rasch wachsenden Markt für Roboter zu machen. So beschrieb im Januar 2017 Midea Vorstand Fang Hongbo – der sich für europäische Ohren Paul Fang nennt – im Interview mit der Augsburger Allgemeinen die Motivation für die Übernahme.
Fang verweist auf die in der Volksrepublik gestiegenen Lohnkosten, die sich seit Beginn des Jahrtausends verachtfacht hätten. Das mache die Automatisation in Industrie und Handel attraktiv. Kuka hofft unter anderem, in der Logistik mehr absetzen zu können.
Midea hat allerdings noch mehr im Sinn. Man strebe ohnehin an, seine Produkte "smart" zu machen. Von einem Kühlschrank ist da die Rede, der seinem Besitzer automatisch übers Internet rät, auf dem Weg von der Arbeit Bier mitzubringen, wenn dieses alle sei. Und an Pflegeroboter für die alternde Gesellschaft ist gedacht. Sind die erst einmal akzeptiert, wird es sicherlich auch Verwendung für Zahnarztroboter geben.
Ökonomische Folgen der Roboterisierung der Arbeit
Bei all dem stellen sich natürlich diverse Fragen. Zum Beispiel die nach dem Nutzen des Ganzen. Wie viel Technik möchte jeder Einzelne von uns in seinem Leben, und was brauchen wir wirklich? Ist es erstrebenswert, sich von seinem Kühlschrank zum Konsum anregen zu lassen? Zum Drogenkonsum gar?
Dann wäre da die Frage nach den ökonomischen Implikationen. Der Reichtum entsteht aus den beiden Quellen natürliche Ressourcen und menschliche Arbeit. Der Einsatz von Werkzeugen ändert daran gar nichts, außer vielleicht, dass derjenige einen Sonderprofit macht, der das neue Werkzeug als erstes einsetzt, und auch nur so lange seine Konkurrenten es noch nicht haben.
Haben erst alle das neue Werkzeug, macht vor allem dessen Hersteller den Gewinn. Wir kennen das: Mit der Herstellung von mechanischen Webstühlen lässt sich mehr verdienen, als mit der Produktion von Textilien. Andernfalls hätte Deutschland noch eine Textilindustrie.
Oder anders ausgedrückt: Der verstärkte Maschineneinsatz bedeutet mittel- bis spätestens langfristig immer, dass sich die Produkte verbilligen. Der Kapitaleinsatz im Verhältnis zum Gewinn wird höher, soll heißen, die Profitrate sinkt. Gewinn wird vor allem der Roboterhersteller machen. In China hat man das offenbar erkannt.
Außerdem ist da natürlich die Gretchenfrage nach der Verteilung von Arbeit und Einkommen. Mehr Roboter heißt, dass weniger menschliche Arbeit nötig ist. Das führt – je nach politischen und sozialen Kräfteverhältnissen – entweder zur Erhöhung des Stundenlohns bei gleichzeitiger Verkürzung der Arbeitszeit. Das heißt, man verteilt den durch die Automatisation gesteigerten gesellschaftlichen Reichtum gleichmäßig.
Oder aber das Ergebnis sind Massenentlassungen, weil die Besitzer der Produktionsmittel das Ergebnis der gestiegenen Produktivität für sich reklamieren. Unter den gegebenen Kräfteverhältnissen, hierzulande wie in China, ist meist Letzteres der Fall, aber das muss ja nicht so bleiben.
Machen Roboter den Kommunismus möglich?
Schließlich könnte man ja auch angesichts der sich rasant entwickelnden technischen Möglichkeiten mal wieder über Kommunismus sprechen. Wenn Roboter einen großen Teil der Arbeit verrichten und moderne Datenverarbeitung bedarfsgerechte Produktion ermöglicht, könnten doch die Ergebnisse an alle verteilt werden, sodass es keinen Arme und keine Reiche mehr gäbe.
So argumentierten kürzlich Jack Ma (Ma Yun) und Liu Qiangdong. Ersterer ist Gründer der entfernt mit Ebay vergleichbaren Internetfirma Alibaba, die bereits 2012 einen Umsatz von 1,1 Billionen Yuan (rund 140 Milliarden Euro) machte und heute noch vor Walmart als der weltweit größte Einzelhandelskonzern gilt. Liu ist der Gründer und Vorstandsvorsitzende von JD.com, einem weiteren Riesen im Internethandel.
Es ist natürlich amüsant, dass die Frage nach dem Kommunismus und der Sozialisierung aller Unternehmen ausgerechnet von zwei Millionären aufgeworfen wird. Aber das ist eben China. Es könnte interessant werden, sollte sich eine derartige Debatte tatsächlich in der Volksrepublik ausbreiten. Man dürfte dabei wohl sicher sein, dass die Millionärskollegen von Ma und Liu not amused wären und vermutlich ebenso wenig die auf Kontrolle und Machterhalt fixierte Führung der Kommunistischen Partei.