Schlecht schlafen kann man googeln

Es braucht nicht immer einen Antiviren-Test, um zu verstehen, wie sich eine Pandemie auf Menschen auswirkt. Manchmal reicht es schon, Google Trends anzuschauen

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Wenn sich eine Krankheitswelle über den Globus wälzt, dann lässt sich diese Walzbewegung nicht überall direkt messen. Zum Beispiel die nicht, die wir schlaflos in unseren Betten auslösen, weil uns Corona-Sorgen plagen und wir nicht einschlafen können. Aber wir können Google Trends anschauen und dort feststellen, dass die Suche nach "Insomnia" und "can't sleep" angestiegen ist.

Damit ist nicht gemeint, dass jetzt alle plötzlich diesen einen ewig rauf- und runtergenudelten Popsong wieder hören wollen. Das vielleicht auch, wenn keiner mehr schläft, kann man meinetwegen auch die ganze Nacht Popsongs aus den 90ern hören und ein Glas warme Milch dazu trinken. Oder kalte. Oder gar keine. Darum geht es nicht. Google zeigt, dass derzeit wie noch nie nach Schlaflosigkeit und fehlendem Einschlafen gesucht wird. Also nicht, dass man genau das suchen würde, das hat man ja schon. Vielmehr geht es um Tipps zum Einschlafen via Google.

Nun hätte ich schon den einen oder anderen Tipp zum Einschlafen mittels langweiliger Popsongs oder meinetwegen auch übers Bett springender Schäfchen zu bieten, aber das wäre jetzt zu banal.

So wie Google schon zu Zeiten der Schweinegrippe mit bestimmten Suchtrends eine Vorhersage zum Eintreffen der Grippe zum Beispiel in den USA treffen wollte, ist das Verfahren gerade auch erst wieder im Süden Chinas genutzt worden. Viel ungenauer als ein Antivirentest wird es auch nicht gewesen sein, wenn auch nicht auf die Person bezogen. Und man kann noch von Glück sagen, dass COVID-19 Symptome auslöst, die sich mit "ich habe einen kratzigen Hals" oder "ich kriege keine Luft" beschreiben lassen. Würden alle Google-Nutzer krankheitsbedingt "ich lächle" eingeben oder Symptome wie "ich komme zu spät zur Arbeit" googlen, wäre Trends ganz schön aufgeschmissen oder würde glückliche Städte mit Verkehrsstau als potentiell vergrippt markieren.

So aber geht es nur um Schlaflosigkeit und die dazu passende Anzahl von Searches, die übrigens, das zeigt die Kurve auch, seit Jahren ansteigen. Menschen scheinen also immer schlechter zu schlafen. Oder sie fangen an, darüber zu googlen. Das kann man so schlecht beurteilen. So wie man eben von einer interessierten Frage nicht sofort auf eine Erkrankung schließen kann und handkehrum die Ursache der Frage erkennt. Vielleicht hat der Anstieg von Fragen zu Schlaflosigkeit auch mit dem vermehrten Gebrauch diverser Streaming-Video-Dienste zu tun. Netflix, Amazon Prime, Disney+ etc. machen schlaflos, und wenn man eh schon vor dem Bildschirm hängt, dann kann man auch gleich danach suchen, was man außer dem Ausschalten von Computern noch dagegen machen könnte.

So kann das sein, aber wir wissen es nicht.

Nehmen wir einfach an, dass mehr Menschen wegen der Corona-Saison nicht gut schlafen und Abhilfe suchen wollen. Schlimm genug ist das eine wie das andere. Wenn wir noch andere Auswirkungen des Lockdowns kennten, dann könnten wir danach vielleicht auch Ausschau halten. So wie "ich werde immer dicker" oder "kein Schwein ruft mich an". Aber der Search hat schon bei der Schweinegrippe nicht weitergeholfen.