Schulstreiks: Wahlalter absenken?
Schüler streiken weiter. Bundesregierung antwortet mit Blockade von EU-Klimaschutzpolitik
Die Schulstreiks für konsequenten Klimaschutz und einen schnellen Kohleausstieg gehen weiter. Hierzulande wurde am gestrigen Freitag in 40 Städten demonstriert. Aber auch in zahlreichen anderen Ländern – 68 an der Zahl nach dieser vermutlich unvollständigen Aufstellung – gingen wieder Schüler auf die Straße. Zum Beispiel auch in Argentinien, Kanada, den USA, Belgien, Mauretanien, Namibia, auf Mauritius, auf Vanuatu, im Libanon, und in der Tschechischen Republik.
In Norwegen waren in immerhin 39 Städten Schüler auf der Straße, in Schweden in 50 Städten. Die nördlichste Demo war vermutlich die im norwegischen Longyearbyen auf Spitzbergen, wo Studenten im Schneegestöber durch den Ort zogen und forderten, die Wissenschaft ernst zu nehmen. Nur ein wenig südlich davon, in Islands Hauptstadt Rejkjavik, gehen die Demos ebenfalls weiter.
Die Mehrheit der Deutschen findet das übrigens gut. Das ergab eine im Auftrag der Tagesschau erstellte Umfrage. 55 Prozent finden es richtig, dass die Schüler während der Schulzeit demonstrieren, 42 Prozent lehnen die Aktionen ab.
Die Anhänger des bürgerlichen und rechtsradikalen Lagers sind überwiegend gegen die Klimastreiks der Schüler. Am meisten Zustimmung gibt es hingegen bei den potenziellen Wählern der Grünen (mit 80 Prozent) und der Linken (72 Prozent).
Interessant auch die Unterschiede zwischen den Altersgruppen. Die meiste Unterstützung für die Schüler gibt es mit 70 Prozent in der Gruppe der Unter-35-Jährigen. Vielleicht sollte das Wahlalter auf 14 Jahre abgesenkt und den Alten, die die schlimmsten Folgen der Klimakrise nicht mehr erleben werden, das Wahlrecht für zwei Legislaturperioden aberkannt werden, bis die notwendigen Weichenstellungen durchgeführt sind.
Klimabremser Deutschland
Der Eindruck, dass das vielleicht besser wäre, drängt sich auch beim Agieren der Bundesregierung in Brüssel auf. Dort wird derzeit im Ministerrat, das heißt zwischen den Regierungen der EU-Mitgliedsländer, über die langfristige Klimaschutzstrategie der Union verhandelt.
In den Gesprächen erweist sich die Berliner Regierung als ausgesprochener Bremser, wie EurActiv und der Tagesspiegel berichten. Demnach würde sich eine Allianz aus Polen, Deutschland, Ungarn und der Tschechischen Republik gegen alle Versuche sperren, die Beschränkung der Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau als EU-Ziel festzulegen. Auch wehrten sich diese Länder gegen das Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2050 auf Null zu reduzieren.
Dem stünde ein nord-westliches Bündnis aus Frankreich, Spanien, Portugal, Schweden, Finnland, Dänemark, Luxemburg und den Niederlanden gegenüber, das die genannte Festlegung fordert. Paris hatte vorgeschlagen, mit diesen Zielen bereits in den Sondergipfel in New York im September zu gehen, zu dem UN-Generalsekretär António Guterres einlädt.
Eine solche Position könnte den Gesprächen einiges an Antrieb geben, doch das wussten Angela Merkel und ihre erzreaktionären Bündnispartner in Warschau und Budapest zu verhindern.
Da scheint selbst der aus der Ölindustrie kommende konservative EU-Kommissar für Energie und Klima, Miguel Arias Cañete aus Spanien, den Kopf zu schütteln. Er machte gegenüber EurActive klar, dass er an dem Ziel festhalte, die Emissionen in der EU bis 2050 vollkommen runter zu fahren.