Schwarzgeldkonten bringen spanische Regierung weiter unter Druck
Der ehemalige Schatzmeister der Volkspartei verweigert eine Schriftprobe und Aussagen
Der frühere Schatzmeister der regierenden spanischen Volkspartei (PP) hat seine Strategie geändert. Am Freitag hat Luis Bárcenas vor dem Ermittlungsrichter Pablo Ruz jede weitere Aussage und die geforderte Schriftprobe verweigert. Über sie wollte der Nationale Gerichtshof in Madrid nachweisen, dass es seine Unterlagen sind, die die große Tageszeitung "El País" im Januar veröffentlicht hat. Es soll eine handschriftlich geführte Schattenbuchhaltung der PP sein, in der Bárcenas Einnahmen und Ausgaben verzeichnet haben soll. Mit einer parallelen Buchführung sollen schon Vorgänger begonnen haben, weshalb auch Álvaro Lapuerta vorgeladen war. Er wies alle Vorwürfe zurück und gab auch eine Schriftprobe ab.
Bárcenas rückt deshalb weiter ins Zentrum. Er hatte schon zuvor bestritten, Urheber der 14 Seiten zu sein, in denen Unternehmen verzeichnet sind, die bis 2009 hohe Summen an die PP gezahlt haben sollen, um an lukrative öffentliche Aufträge zu kommen. Sein Dementi ist schwach, denn er hatte am vergangenen 14. Dezember vor einem Notar eine parallele Buchführung bestätigt. Seinem Freund Jorge Trías Sagnier hat er sie sogar gezeigt, hat der frühere PP-Parlamentarier vor dem Ermittlungsrichter bestätigt. Klar ist auch, dass er in der Schweiz auf Konten über bis zu 38 Millionen Euro verfügte.
Dass sich die Schlinge um den Hals von Bárcenas - in Spanien "Messi der Korruption" genannt - weiter zuzieht, hat die neue Vorladung gezeigt. Nun werden Verbindungslinien zu einem weiteren Korruptionsskandal der PP in einigen Regionen gezogen. So findet sich auf den veröffentlichten Listen auch der Name Pablo Crespo. Das ist der ehemalige Organisationssekretär der PP in Galicien. Er wurde im Rahmen der "Gürtel-Affäre" 2009 inhaftiert. Die ist nach dem Unternehmer Francisco Correa benannt, von dem Bárcenas 1,35 Millionen Euro erhalten haben soll. Gürtel ist die deutsche Übersetzung von Correa und unter dem Decknamen wurde ermittelt. Gefunden wurden sogar vier Überschneidungen, die bis in die offizielle Buchführung der PP reichen.
Als der Skandal aufflog, trat auch Bárcenas zurück. Crespo ist nicht die einzige Überschneidung zwischen Skandalen, die auf illegale Parteienfinanzierung hinweisen. Bekannt ist, dass auch Crespo über Schwarzgeldkonten in der Schweiz verfügte. In abgehörten Gesprächen wies er aus der Haft seinen Anwalt an, diese Konten aufzulösen, weil sie die PP vor "große juristische Probleme" stellten. Und das tat auch Bárcenas 2009 und verschob das Geld nach Panama, in die USA, nach Argentinien und in andere Länder.
Seine Weigerung, eine Schriftprobe abzugeben, machen die Aussichten im Verfahren gegen El País noch aussichtsloser. Die PP und Regierungschef Mariano Rajoy haben die Tageszeitung wegen Rufschädigung verklagt. Denn die hatte aus den Listen berechnet, dass Rajoy von Bárcenas die höchste Gesamtsumme von mehr als 300.000 Euro als "Zusatzlohn" in Bargeld-Umschlägen erhalten haben soll. Praktisch die gesamte Parteispitze soll von den dunklen Machenschaften profitiert haben.
Bárcenas setzt offensichtlich die PP weiter unter Druck. Das wurde schon letzte Woche deutlich. Er verlangte eine Abfindung von fast 900.000 Euro wegen "ungerechtfertigter Entlassung". Darüber wurde bestätigt, dass die PP lange Zeit gelogen hat. Sie hatte stets behauptet, seit 2010 keine Beziehungen mehr zu ihm zu haben. Dabei hatte er ein Büro im Parteisitz in Madrid, eine Sekretärin und einen Dienstwagen. Nun ist klar, dass er noch im Januar auf der Lohnliste stand und monatlich 21.300 Euro verdiente. Die Glaubwürdigkeit der PP wurde dadurch noch stärker erschüttert.
Viele sprechen von einem weiteren Schweigegeld. Bárcenas hat stets erklärt, er werde sich nicht zum Sündenbock für die Vorgänge in der PP machen lassen. Falls er angeklagt wird, will er eine "Atombombe" platzen lassen. Da ihm kürzlich der Pass abgenommen wurde, könnte nun die Inhaftierung folgen, da die Beschuldigungen ausgeweitet wurden und er nun die Kooperation verweigert. Er will für den Fall bei einem Notar "Dokumentenkisten" hinterlegt haben, die "noch skandalösere Daten" enthielten.
Die Ermittlungen haben aber auch zu einem unwürdigen Gezänk am Nationalen Gerichtshof geführt. Denn auch Javier Gómez Bermúdez hat Ermittlungen auf Basis einer Anzeige der Vereinten Linken (IU) aufgenommen. Er will nicht nur den Schatzmeister vernehmen, sondern auch die Chefs der Unternehmen, die laut den Listen der PP über Bárcenas fast acht Millionen Euro anonym bezahlt haben.
Doch nicht nur die zwei Richter am Gerichtshof machen sich gegenseitig Kompetenzen streitig, auch die Staatsanwaltschaft macht mit. Sie hält die Vorladung der Unternehmer, die Schmiergeld an die PP gezahlt haben sollen, erstaunlicherweise für "unnötig und übertrieben" und hat Einspruch dagegen eingelegt. Da die Staatsanwaltschaft als Ministerium zur Regierung gehört, sehen Beobachter darin einen Versuch, die Ermittlungen zu behindern, die der Regierung oder einzelne Mitglieder schweren Schaden zufügen könnten.