Schweizer Atomendlagersuche auch in Deutschland

Mit Bürgerbeteiligung ja, aber nicht zur Standortwahl

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Diese Woche starten in der Schweiz die seismischen Messungen der Nationalen Genossenschaft für radioaktive Abfälle (nagra) in den beiden vorausgewählten Standortregionen Jura Ost und Nördlich Lägern für den Standort des schweizerischen Endlagers für hochradioaktive Abfälle. Die Messungen mit Vibrationsfahrzeugen sollen bis März 2012 dauern und anhand des damit erstellten Vermessungsnetztes der aus geologischer Sicht geeignetste Standort für die Deponie weiter eingegrenzt werden.

Anders als in Deutschland setzt die Schweiz für ihr Endlager nicht auf wasserlösliche Salzlagerstätten, sondern auf tonreiche Sedimentgesteine (Opalinuston, Brauner Dogger, Mergel). Die Idee dahinter: bei eindringendem Wasser quellen diese Sedimente und sollen die Risse schließen und die Ausbreitung radioaktiver Partikel bremsen. Interessant ist dabei auch, dass diese Schichten auch in den süddeutschen Raum reichen. Die Messungen werden deshalb gleichzeitig auch auf deutscher Seite im Grenzgebiet der Gemeinde Hohentengen durchgeführt. In Deutschland dürfte das die Diskussion um die Neuaufnahme der Endlagersuche in Süddeutschland wieder aufleben lassen.

Bisher lagert die Schweiz ihre radioaktiven Abfälle im zentralen Zwischenlager Würenlingen im Kanton Aargau. Nebenan befindet sich auch das Bundeszwischenlager für die Abfälle aus Medizin, Industrie und Forschung. Weitere Zwischenlager gibt es bei den jeweiligen AKWs. Insgesamt hat die nagra sechs Gebiete vorgeschlagen für schwach- und mittelradioaktive Abfälle: Südranden, Zürich Nordost, Nördlich Lägern, Jura Ost, Jura-Südfuss und Wellenberg und für hochradioaktive Abfälle oder ein Lager für beide Abfallarten Zürich Nordost, Nördlich Lägern und Jura Ost. Man scheint also von verschiedenen Sicherheitsstufen je nach Strahlenbelastung auszugehen.

Von Anfang an ist eine Einbindung der Bevölkerung vorgesehen. In Nördlich Lägern hat sich die Regionalkonferenz bereits formiert. Die Region sendet dazu 120 Vertreter, 17 davon von deutscher Seite, außerdem 40 Prozent Behörden- und Gemeindevertreter, 40 Prozent Interessenverbände und 20 Prozent aus der Bevölkerung. Die Regionalkonferenz soll die Bevölkerung von Anfang an in die Standortsuche und den Endlagerbau miteinbeziehen. Allerdings darf die Regionalkonferenz nicht entscheiden, ob und wo gebaut wird, sondern sie soll zu einem Meinungsbildungsprozess über die "sozio-ökonomischen Wirkungen" beitragen. Zum Großteil dürfte es also neben Information und Beruhigung, auf einen Deal Endlager-gegen-Wirtschaftsförderung hinauslaufen.

Bild: nagra Nationale Genossenschaft für radioaktive Abfälle

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