Spanien hat die 20-Prozent-Hürde bei der Arbeitslosigkeit geknackt
Die enormen Kosten für die Arbeitslosigkeit machen Sparziele zunichte, die EZB warnt vor zu optimistischen Annahmen
Dass spanische Institutionen immer wieder Probleme mit ihren Webseiten haben, wurde zum Jahresbeginn deutlich, als die Seiten der frisch gebackenen Ratspräsidentschaft gekapert wurden. Nun hatte die Statistikbehörde INE ein Problem und stellte Daten auf die Seite, die erst am Freitag veröffentlicht werden sollten. Demnach sind in Spanien mehr als 4,61 Millionen Menschen ohne eine Stelle. Das sind gut eine Million mehr als in Deutschland bei nur halber Bevölkerung.
Damit hat die Arbeitslosenquote die Schallmauer von 20% durchbrochen, die sie nach Prognose der sozialistischen Regierung niemals hätte erreichen dürfen. Einst hatte der spanische Finanzminister befürchtet, die Quote könnte im schlimmsten Fall auf 16% steigen. Zwar hatte der ehemalige EU-Wirtschaftskommissar Joaquin Almunia auf 19% getippt, doch der Genosse in Brüssel griff zu tief. Die INE dementiert die Daten nicht. In einer Erklärung werden sie vielmehr bestätigt: "Einige Daten der neuen Statistik waren zeitweilig auf der Webseite der INE sichtbar."
Die erneute Zunahme der Arbeitslosigkeit um 1,25% im ersten Quartal 2010 gegenüber dem vierten Quartal 2009 macht es noch unwahrscheinlicher, dass Spanien seine Sparziele einhalten kann. Das Land lag 2009 mit einem Defizit von 11,2% mit Irland (14,3%), Griechenland (13,6%) und Großbritannien (11,5%) in der Spitzegruppe der EU. Ohnehin hat Spanien weitere große Ausgaben geplant. Nun kommen über die steigende Arbeitslosigkeit erneut hohe Ausgaben hinzu. Im laufenden Haushalt war es mit 30 Milliarden Euro der größte Posten und lag noch über den Kosten für die Renten.
So verwundert eigentlich nicht, wenn EZB-Vizepräsident Lucas Papademos bei der Vorlage des Jahresberichts der Europäischen Zentralbank (EZB) sich am Dienstag um Spanien sorgte. Vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments wies Papademos auf das Fortbestehen umfangreicher fiskalischer Ungleichgewichte in Europa hin. Er forderte erneut die Mitgliedsstaaten der Währungsunion zu einem strikten Sparkurs und zur Einhaltung der Defizitregeln auf. In einigen Ländern, wie in Spanien, beruhe der Zeitplan des Defizit- und Schuldenabbaus möglicherweise auf zu optimistischen Annahmen, erklärte er diplomatisch.
Wie die explodierenden Zinsen für Griechenland und die steigenden Renditen für Staatsanleihen Irlands und Portugals muss auch Spanien schon tiefer für die Refinanzierung in die Tasche greifen. Für dreimonatige Anleihen musste Spanien im März noch 0,33% Zinsen zahlen, nun sind es schon 0,51%, kann aus neuesten Daten auf den Webseiten des Wirtschaftsministeriums abgelesen werden. Bei Anleihen mit sechsmonatiger Laufzeit hat sich der Zinssatz mit 0,73% schon fast verdoppelt.
Es ist zu vermuten, dass nach dem Generalangriff auf Griechenland, das am Dienstag schon bis zu 15% Zinsen bieten musste, die Ansteckung über Portugal bald auch so richtig auf Spanien übergreifen wird, wenn den Spekulanten nicht ernsthaft begegnet wird. Zehnjährige Staatsanleihen Portugals hatten schon am Montag die Alarmgrenze von 5% überschritten und näherten sich am Dienstag einem Zinssatz von 6% schon deutlich an. Auch Portugal muss dann schon fast doppelt so hohe Zinsen wie Deutschland bezahlen, womit auch das Land in die Pleite getrieben wird. Mit der realen Lage des Landes hat das wenig zu tun. Das Defizit 2009 fiel deutlich geringer als das Spaniens aus, die Verschuldung mit 76,8 % zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) liegt nur leicht über der Deutschlands und die Lissabonner Sparpläne sind realistisch.