Spanien will Jugendarbeitslosigkeit abbauen – in Deutschland
Die deutsche Bundesarbeitsministerin reiste gestern ins Land, um eine Absichtserklärung zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit zu unterzeichnen
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) wurde vor ihrem Besuch am Dienstag in Spanien als "Wunder-Ministerin" bezeichnet. Die Tageszeitung El Mundo sprach sogar von der "Ministerin für Vollbeschäftigung". Abgehoben wurde auch darauf, dass die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland niedrig ist. Von der Leyen traf sich in Madrid mit ihrer Amtskollegin Fátima Bánez, um eine Absichtserklärung zur Bekämpfung der extremen Jugendarbeitslosigkeit in Spanien zu unterzeichnen. Das Mitglied der konservativen Volkspartei (PP) wird hier "Ministerin der Arbeitslosigkeit" genannt, denn die Arbeitslosenquote ist in der Krise auf etwa 27 Prozent gestiegen und schon 56 Prozent der unter 25-Jährigen haben keinen Job. Nur in Griechenland ist die Lage noch dramatischer.
Große Hoffnungen wurden perspektivlosen Jugendlichen aber nicht gemacht. In den nächsten vier Jahren sollen 5.000 junge Spanier gefördert werden, um in Deutschland einen Job oder Ausbildungsplatz zu finden. Junge Menschen würden in Deutschland "mit offenen Armen empfangen", sagte von der Leyen. Es werde "koordiniert" zwischen beiden Ländern gearbeitet und das werde sich bald in ergänzenden Maßnahmen materialisieren, "um unserer Jugend eine bessere Zukunft zu bieten", erklärte Bánez.
Die soll in Deutschland liegen, weshalb Bañez von einer "externen Mobilität" spricht. Deutschland sucht händeringend nach den klugen Köpfen, die gleichzeitig in Spanien praktisch vertrieben werden. Von der Leyen hatte erst kürzlich davon gesprochen, dass die steigende Zahl gutausgebildeter Zuwanderer aus Süd- und Osteuropa ein "Glücksfall" sei, weil Deutschland "jünger, kreativer und internationaler" werde. Deshalb wird in Spanien nun berichtet, dass in Deutschland 33.000 Ausbildungsplätze unbesetzt seien. Neben Fachkräften sollen nun auch verstärkt Lehrlinge in Südeuropa angelockt werden. Wenn alles nach Plan der Regierung läuft, könnten schon im Herbst junge Spanier eine Lehrstelle in Deutschland antreten. Angelockt werden sollen sie auch mit höheren Ausbildungsvergütungen als für deutsche Lehrlinge.
Es geht aber nicht nur um Lehrlinge, wie das Bundesarbeitsministerium beklagte: "Schon heute haben viele Unternehmen Probleme, ihren Bedarf an Fachkräften zu decken"- und das könne Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland haben. "Ohne Fachkräfte wird es schwer, im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu bleiben." Deshalb zieht Deutschland längst auch viele gut ausgebildeter Spanier an. Die Zahl der Zuwanderer aus dem Land hat sich 2012 fast um 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf knapp 30.000 erhöht.
Was die Arbeitsministerin einen "Glücksfall" nennt, von dem Deutschland profitiert, nennt der renommierte US-Soziologieprofessor James Petras "Kolonialismus". Er hält sich auf Einladung der Gewerkschaft LAB gerade im Baskenland auf. Im Interview mit Radio Euskadi sagte er am Dienstag, dass Länder wie Spanien, Portugal, Griechenland oder Irland auf diese Art ausgebeutet würden. Sie kämen für die Kosten für Erziehung und Ausbildung auf, aber wenn das produktionsfähige Alter erreicht sei, profitierten davon Länder wie Deutschland. "Länder wie Spanien verlieren die dynamischsten, innovativsten und produktivsten Sektoren". Das Beste werde herausgezogen und zurück blieben Alte und Verarmte, was dramatische Auswirkungen habe.