Spanien will weitere 10 Milliarden Euro bei Bildung und Gesundheit sparen
Das Vertrauen, dass die Konservativen die Lage in den Griff bekommen, sinkt immer weiter
Schon nachdem die spanische Regierung ihren drastischen Sparplan mit dem Haushalt 2012 angekündigt hatte, stiegen die Zinsen für Staatsanleihen des Landes deutlich. Dabei setzt die regierende rechte Volkspartei (PP) nur die von der EU-Kommission geforderte Reform- und Sparpolitik brutal um.
Im Haushalt waren zunächst Einsparungen in einer Gesamthöhe von 27 Milliarden Euro angekündigt worden. Madrid will 2012 schon mehr Geld für Zinszahlungen ausgeben wie für Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst. Doch die Pläne haben niemanden überzeugt, sogar Wirtschaftsblatt Financial Times stufte es auch als "verwirrend" ein, dass ausgerechnet bei Ausbildung und Fortbildung besonders gespart werden soll.
Forschung und Entwicklung: Das Umsteuern der Wirtschaft wird verbaut
Weil der sogenannte Risikoaufschlag bei Staatsanleihen danach zum Wochenende aber wieder über die Marke von 400 Basispunkten stieg, kündigte Madrid eilig am Montag weitere Sparmaßnahmen im Umfang von 10 Milliarden Euro an. Treffen soll es erneut die Bildung mit weiteren drei Milliarden Euro und die Gesundheitsversorgung mit sieben Milliarden.
Die Bildung muss nun wie kein anderer Sektor die stärksten prozentualen Einschnitte verkraften. Abgesehen davon, dass die PP das Gegenteil vor den Wahlen im November versprochen hatte, ist das fatal in einem Land, in dem die Schulabbrecherquote schon vor der Krise extrem hoch war. Das dringend nötige Umsteuern der Wirtschaft wird weiter verbaut, weil auch bei Forschung und Entwicklung besonders gespart wird und auch die Förderung von erneuerbaren Energiequellen abgeklemmt wird. Dafür fließen unproduktiv immer neue Milliarden, um Banken zu stützen, wofür auch die Steuern deutlich angehoben werden und den Konsumenten weiter Kaufkraft entzogen wird.
Der mit dem Zusatz-Sparplan erwartete Effekt hat sich nicht oder vielleicht genau deshalb nicht eingestellt. Setzt sich überdies an den Finanzmärkten die Meinung durch, dass man nach Griechenland und Portugal mit derlei Plänen, die einseitig auf Sparen ausgerechnet sind, auch die spanische Wirtschaft nur in die Depression und den Ruin treibt? Der Risikoaufschlag ist jedenfalls am Dienstag weiter auf 420 Basispunkte gestiegen.
Sparen am Gesundheitssystem
Damit sind zehnjährige spanische Anleihen wieder so teuer wie im vergangenen Herbst und muss Spanien 4,2 Prozentpunkte mehr Rendite bieten wie Deutschland. Das Land nähert sich erneut gefährlich der Zinsgrenze von 7%, an der Griechenland, Irland und Portugal unter den Rettungsschirm gehen mussten.
Unklar ist noch, wie die Sparmaßnahmen umgesetzt werden. Während Wirtschaftsminister Luis de Guindos starke Zuzahlungen im Gesundheitssystem ins Gespräch brachte, die dasjenige in Portugal schon zum Luxus werden ließ, wies Finanzminister Cristóbal Montoro das zurück.
Hier zeigt sich, dass die Konservativen zu jonglieren beginnen. Montoro sprach dagegen vom "Missbrauch", der bekämpft werden solle. So könnten demnächst auch deutschen Touristen in Spanien nicht mehr behandelt werden. Der Minister sprach ausdrücklich von den "vielen Europäern", die nach Spanien kämen, um in Genuss des kostenlosen Gesundheitssystems zu kommen.
Klar ist, dass die neuen Einschnitte die Konflikte im Land verschärfen werden. Viele erinnern sich noch an die Bilder, als Schüler in Valencia zu "Feinden" der Polizei wurden, weil sie gegen die Einschnitte ins Bildungssystem demonstrierten. Die Gewerkschaften dürften nach dem erfolgreichen Generalstreik im März gegen die Arbeitsmarktreform nun am 1. Mai einen weiteren Generalstreik ausrufen, weil die Regierung weiter dekretiert, keine Verhandlungen sucht, den einseitigen Sparkurs noch verschärft und sogar Steuerbetrüger amnestieren will.