Spanien zahlt erneut Rekordzinsen
In Brüssel bereitet man sich auf die Spanien-Nothilfe vor und fordert die Ausweitung des Rettungsschirms
Man kennt diese "Erfolgsmeldungen" aus Griechenland, Irland und Portugal. Stets wurde vermeldet, kurz bevor sie unter den Rettungsschirm gehen mussten, dass "erfolgreich" Staatsanleihen versteigert wurden. So ist es nun auch im abstürzenden Spanien. Richtig ist, dass das Land am Donnerstag seine Anleihen am Primärmarkt losgeworden ist. Doch der Preis für die Papiere mit einer Laufzeit von drei und vier Jahren war erneut sehr hoch.
Für die dreijährigen Anleihen musste Spanien schon 4,81 Prozent an Rendite bieten. Das ist gut ein halber Prozentpunkt mehr, als es noch bei der letzten vergleichbaren Auktion vor einem Monat bezahlen musste. Dabei war schon am 7. Juli ein Rekordwert von knapp 4,3 Prozent erreicht worden. Bei den vierjährigen Papieren musste sogar ein Zins von über 5 Prozent geboten werden und auch so wurde die Versteigerung abgebrochen, nachdem das Land 3,3 Milliarden erhalten hatte.
Dass derlei Zinsen dem Land das Genick brechen werden, sieht man auch an der Madrider Börse so. Stand sie am frühen Donnerstag noch deutlich im Plus, drehte sie nach dem Ende der Versteigerung wieder deutlich ins Minus und hat nun mehr als 3% verloren und ist sogar unter die Marke von 9.000 Punkten gerutscht. Man muss die spanischen Renditen nur mit denen vergleichen, die Deutschland für seine Bundesanleihen bezahlen muss. Deutsche Papiere mit einer Laufzeit von sogar zehn Jahren werden derzeit für 2,4 Prozent gehandelt. Spanien muss also für kurzfristige Anleihen schon eine Zinslast tragen, die mehr als doppelt so hoch ist. Immer wieder hatten auch Großbanker im Land darauf aufmerksam gemacht, dass damit der Schuldendienst alle Sparbemühungen zu Nichte macht. Ein schneller Gang unter den Rettungsschirm, würde das Land entlasten, weil es sich dann für günstige 3,5 Prozent refinanzieren könnte.
Angesichts der Tatsache, dass am Sekundärmarkt die zehnjährigen spanischen Anleihen schon die Schwelle von 400 Basispunkten durchbrochen haben, also Spanien schon vier Prozent mehr als die Bundesrepublik bieten muss, kann man die Aussagen der spanischen Finanzministerin nicht mehr ernst nehmen. Elena Salgado sagte, dass sie "die Situation nicht als sehr ernsthaft bezeichnen" würde. Was für Salgado ernsthaft ist, bleibt unklar, obwohl sich der Zinssatz für spanische Anleihen immer deutlicher der Marke von sieben Prozent nähert, an der Griechenland, Irland und Portugal schlussendlich Nothilfe beantragen mussten.
EZB fordert Ausweitung des Nothilfefonds
Andere Politiker im Land sehen die Lage klarer als die glücklose Ministerin. Der Parlamentssprecher der konservativen CiU Josep Antoni Duran Lleida erklärte nach einem Treffen mit Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero, "die Situation ist sehr ernst". Dafür spricht auch, dass Zapatero wegen der weiteren Zuspitzung seinen Urlaub abgebrochen hat. Den wollte er in Ruhe verbringen, schließlich hatte er vorgezogene Neuwahlen angekündigt zu denen der abgestürzte Ministerpräsident sich aber nicht mehr anzutreten traut. Duran Lleida hatte die Europäische Zentralbank (EZB) aufgerufen, am Markt zu intervenieren, "um kurzfristig Länder wie Italien und Spanien zu helfen", sagte der Führer der großen katalanischen Partei.
Dass Salgado wohl selbst nicht an ihre Aussagen glaubt, wird daran klar, dass auch sie die heimischen Banken zur Solidarität aufgerufen hatte und ebenfalls von der EZB forderte, spanische Anleihen zu kaufen. Mehr oder weniger offen räumte EZB-Chef Jean-Claude Trichet ein, dass die EZB erneut eingegriffen hat. Sie hat auch damit sekundiert, dass trotz hoher Inflationsraten, die deutlich über den angestrebten zwei Prozent liegen, der Leitzins am Donnerstag nicht weiter angehoben wurde. Die EZB ließ ihn bei 1,5 Prozent, um die Lage für bedrohte Länder nicht noch weiter zu verschlimmern.
Die EZB will aufgeben, was allgemein als Tabubruch eherner Notenbankregeln angesehen wird. Für gut 74 Milliarden Euro hat die EZB schon Anleihen von Pleiteländern gekauft. Deshalb hatte sie beim letzten EU-Gipfel darauf gedrängt, dass zukünftig diese Rolle der Rettungsschirm übernehmen soll. Doch dafür fehlen noch immer die rechtlichen Grundlagen. Die sollen jetzt mit Nachdruck vorangetrieben werden. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat am Donnerstag die europäischen Regierungen aufgefordert, "alle Elemente" der gemeinsamen Rettungsfonds "schnell" zu überprüfen.
In einem Schreiben an die Staats- und Regierungschefs der 17 Euroländer setzt er sich auch für die erneute Ausweitung des Nothilfefonds ein. Es war klar, dass diese Forderung nicht lange auf sich warten lassen würde. Es müsse sichergestellt werden, dass der derzeitige temporäre EFSF, der 2013 vom dauerhaften ESM ersetzt wird, "angemessen ausgestattet" sei, um mit den Risiken einer Ausweitung der Schuldenkrise umzugehen, schreibt Barroso. Offensichtlich geht nun auch Barroso davon aus, dass Spanien abstürzen wird, womit der bisherige Umfang von 750 Milliarden Euro an seine Grenzen käme und frisches Geld erforderlich wäre, um den Absturz des großen Italiens abzuwenden, dass mit seinen zwei Billionen Schulden verheerende Folgen haben dürfte.