Spanische Staatsanwaltschaft sorgt für vorgezogene Neuwahlen?

(Bild: Tribunal Supremo in Madrid. Bild: FDV/ CC BY-SA-3.0 )

Während die spanische Staatsanwaltschaft bis zu 25 Jahre Haft für katalanische Politiker und Aktivisten fordert, wollen rechtsradikale Nebenkläger sie bis zu 74 Jahre hinter Schloss und Riegel sehen

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"Die Regierung hat ihr Urteil gesprochen", hatte der katalanische Vize-Regierungschef Pere Aragonès die Strafforderungen gegen katalanische Politiker und Aktivisten durch das spanische Ministerium für Staatsanwaltschaft bezeichnet.

Eine ganz ähnliche Meinung vertritt auch der Chef der spanischen Linkspartei Podemos ("Wir können es"). Da katalanische Politiker und Aktivisten bis zu 25 Jahren wegen der fabrizierten Anklage der Rebellion - "erfundene Rebellion" - ins Gefängnis sollen, meint auch Pablo Iglesias im Interview mit der katalanischen Tageszeitung La Vanguardia: "Nach dem Schriftsatz der Staatsanwaltschaft sind wir Neuwahlen näher gekommen."

Was passiere, sei "sehr schlimm", erklärt Iglesias auch vor dem Hintergrund, dass die ehemaligen Regierungsmitglieder, denen Spanien habhaft werden konnte, zwischen 16 und 25 Jahre ins Gefängnis sollen. In Gefahr sei nicht nur die Legislaturperiode, die erst im Juni mit Unterstützung der katalanischen Parteien begonnen hat, meint er. Soweit wie der katalanische Regierungschef Quim Torra geht er nicht.

Torra hatte im Gefängnis von Lledoners erklärt, an dem sich tausende Menschen aus Protest gegen die Anklagen versammelt haben, der spanische Regierungschef Pedro Sánchez "hat sich entschieden, Komplize der Repression zu sein". Torra machte klar, dass dem Sozialdemokraten nun jegliche Unterstützung entzogen wird, weshalb es praktisch unmöglich ist, dass Sánchez seinen Haushalt verabschieden kann.

Der Aufschrei ist nicht nur in Katalonien darüber groß, dass die Staatsanwaltschaft an einer Rebellion festhält, die eine "gewaltsame öffentliche Erhebung" beschreibt. Den bewaffneten Putschversuch 1981 hatte Diego López Garrido vor Augen als er den Paragraphen verfasst hat, denn es gehe um einen "bewaffneten militärischen Aufstand", der mit "starker physischer Gewalt" einhergeht und die Ausrufung des Ausnahmezustands zur Folge habe, erklärt der sozialdemokratische Jurist.

Aber nicht nur die neue Politiker und Aktivisten sollen lange hinter Gittern verschwinden, sondern 11 Jahre sollen zudem noch der ehemalige Polizeichef Josep Lluís Trapero und zwei Polizeiführer wegen "Rebellion" in den Knast. Für Garrido sind die Anschuldigungen "unverständlich".

Im Interview mit Catalunya Ràdio sagte der Jurist Garrido am Samstag: "Nach dem Strafgesetzbuch gab es keine Rebellion”.

Man kann aber über die absurden Märchen des Ermittlungsrichters Pablo Llarena, dessen Erfindungen nun die Staatsanwaltschaft übernommen hat, noch deutlich hinausgehen. Die rechtsradikale Partei Vox, die als Nebenklägerin auftritt, wird zwar erst am Montag offiziell ihre Strafanträge stellen.

Es wurde aber schon bekannt, dass sie für den ehemaligen Vize-Regierungschef Oriol Junqueras 74 Jahre fordern wird. Die Partei mit Nähen zu Faschisten macht auch keine Unterschiede und fordert diese Strafen auch für die ehemaligen Minister Joaquim Forn, Jordi Turull, Raül Romeva, Dolors Bassa und Josep Rull. Die Aktivisten der großen zivilgesellschaftlichen Organisationen sollen dagegen "nur" 52 Jahre hinter Gittern verschwinden.