Spanischer König sympathisierte mit Putschisten
Die Rolle des Monarchen im Militärputsch 1981 wird nun hinterfragt, bislang hieß es, er habe den Putsch scheitern lassen
Nun wirbelt ein Kabel eines deutschen Botschafters in Spanien viel Staub auf und bringt König Juan Carlos in Erklärungsnot. Der Spiegel hat am Montag aus einer Depesche zitiert, die der deutsche Botschafter in Madrid 1981 an die sozialdemokratische Regierung unter Helmut Schmidt in Bonn gekabelt hat. Das Kabel von Lothar Lahn befasst sich mit der Haltung des Königs zum Putschversuch, der am 23. Februar Spanien erschütterte.
Lahn hatte sich mit Juan Carlos besprochen und nach Angaben des Botschafters ließ der König einen Monat nach den Vorgängen "weder Abscheu noch Empörung gegenüber den Akteuren erkennen, sondern zeigte vielmehr Verständnis, wenn nicht gar Sympathie." Der Monarch habe sich wohlwollend geäußert, weil "die Aufrührer nur das gewollt hätten, was wir alle erstrebten, nämlich Wiederherstellung von Disziplin, Ordnung, Sicherheit und Ruhe". Juan Carlos habe Adolfo Suárez für die Vorgänge verantwortlich gemacht. Dabei war der Regierungschef drei Wochen vor dem Putsch zurückgetreten. Als 200 Mitglieder der paramilitärischen Guardia Civil das Parlament in Madrid stürmten, sollte Leopoldo Calvo Sotelo zum neuen Regierungschef gewählt werden.
Die Aufzeichnungen von Lahn stehen im Widerspruch zur offiziellen spanischen Geschichtsschreibung, dass Juan Carlos mit seinem energischen Eintreten in einer nächtlichen Fernsehansprache an seine Landsleute den Putsch zum Scheitern gebracht habe. Darauf hebt auch das Königshaus in ersten Reaktionen ab. Die Rolle des Monarchen als "Verteidiger der Verfassung und der Demokratie, steht außerhalb jedes Zweifels".
"Alles geschah im Dienste der Monarchie"
Dabei gab es immer Zweifel. Der Schriftsteller Javier Cercas hatte in einem Buch zum 30. Jahrestag des Putschs vor einem Jahr geschrieben, dass die Rolle des Königs "keinesfalls exemplarisch" gewesen sei. Er habe "Fehler" begangen und sich "unverantwortlich" verhalten. Die Depesche geht aber darüber hinaus und bestätigt eher die Version, die Ex-General Alfonso Armada verbreitet. Er sagt: "Alles geschah im Dienste der Monarchie."
Die frühere rechte Hand des Königs blieb auch nach seiner Verhaftung loyal zum Monarchen. In einem Brief bat er um die Erlaubnis des Königs, "für die Ehre meiner Kinder und meiner Familie" vor Gericht den "Inhalt unseres Gesprächs" verwenden zu dürfen. Armada erklärte 2001 im spanischen Fernsehen, der Putsch habe triumphiert. Es sei nicht darum gegangen, die Macht zu übernehmen, sondern Spanien solle wieder auf den richtigen Weg gebracht werden. Angesichts des sich abzeichnenden Wahlsiegs der Sozialisten (PSOE) sollte die Monarchie gefestigt und an der Straflosigkeit für die Verbrechen während der Diktatur nicht gekratzt werden. Schließlich war Juan Carlos erst wenige Jahre zuvor vom Diktator zu seinem Nachfolger bestimmt worden.
Francisco Franco hatte 1975, kurz vor seinem Tod, die Monarchie restauriert, die 1931 während der Republik abgeschafft wurde. Die stürzte Franco und seine Generäle mit einem Putsch 1936, der das Land in einen Bürgerkrieg stürzte. Real wurde die Monarchie über die Vorgänge 1981 gefestigt und bis heute blieben die Verbrechen der Diktatur ungesühnt, während die Opfer noch immer in den Massengräbern liegen. So gerät man in Spanien sogar als Richter auf die Anklagebank, wenn man zaghaft mit Ermittlungen in diese Richtung beginnt .
Der deutsche Botschafter hatte einst auch protokolliert, dass Juan Carlos den Vorfall schnell vergessen machen wollte. Er kündigte an, auf die Regierung und Militärgerichte einzuwirken, damit den Putschisten "nicht allzu viel geschehe, die ja doch nur das Beste gewollt hätten". Auch das trat später ein, wodurch die Version von Lahn weiter gestützt wird. So wurde zum Beispiel Armada zu einer Haftstrafe von 30 Jahren verurteilt, doch schon 1988 wurde er von den Sozialisten begnadigt, die 1982 die Wahlen gewonnen hatten.
Die Depesche, die der Spiegel demnächst komplett veröffentlichen will, kommt zu einem ungünstigen Zeitpunkt für die Monarchie. Sie befindet sich in Spanien im Kreuzfeuer, weil gegen den Schwiegersohn des Königs wegen Korruption Anklage erhoben wird. Das Königshaus hatte durch eine Distanzierung von Iñaki Urdangarin versucht, Schäden von der Monarchie abzuwenden. Nach Wochen des Schweigens hatte man im Königspalast Zarzuela dessen Verhalten als "nicht vorbildhaft" bezeichnet und ihn, aber nicht die Königstochter, von den offiziellen Aktivitäten der Krone ausgeschlossen.
Jetzt werden aber die Stimmen lauter, die auch eine Anklage der Königstocher fordern. José Ramón Soriano, Richter am Obersten Gerichtshof, erklärte, dass auch die Infantin Cristina vorgeladen werden sollte, um zu zeigen, dass die Justiz "unparteiisch und objektiv" ist. Bisher wird offiziell nicht gegen die Königstochter ermittelt. Dabei war auch sie an den Firmen beteiligt, über die ihr Ehemann Steuergelder in die eigene Tasche verschoben haben soll. Auch sie saß im Vorstand der Stiftung Nóos, die im Mittelpunkt der Ermittlungen steht und ihr persönlicher Sekretär war deren Schatzmeister. Da sie "nicht dumm" sei, müsse sie etwas gewusst haben, meint der Richter. "Man kann sie nicht aussparen, weil sie keinerlei Privilegien genieße", sagte Soriano. Er erinnerte an die Weihnachtsansprache des Königs, als er erklärte, alle Menschen seien vor der Justiz gleich.