Sperma als Geheimtinte
Der Historiker Keith Jeffery enthüllt, was im Tagebuch eines britischen Geheimdienstlers steckt
Dass Zitronensaft als "Geheimtinte" dienen kann, wenn man das damit beschriebene Papier erwärmt und so die Buchstaben sichtbar macht, ist hinlänglich bekannt. Doch Geheimdienste probierten auch andere Substanzen aus, um damit Botschaften zu verstecken. Den Recherchen des Geschichtsprofessors Keith Jeffery nach befand sich darunter möglicherweise auch Sperma. Seine aus alten Akten des britischen Auslandsgeheimdiensts gewonnene Erkenntnis veröffentlichte der an der Queen's University in Belfast lehrende Historiker in seinem diese Woche erschienenen Buch "MI6: The History of the Secret Intelligence Service 1909-1949".
Die Informationen dazu entnahm Jeffrey einem 95 Jahre alten Eintrag im Tagebuch von Walter Kirke, der damals dem britischem Militärgeheimdienst in Frankreich vorstand. Kirke schrieb unter anderem über Aktivitäten eines "C" – eine gängige Abkürzung für den damaligen MI6-Chef mit dem in diesem Zusammenhang fast etwas zu passend klingenden Namen Sir George Mansfield Cumming. Der soll Kirke anvertraut haben, dass er Samenflüssigkeit für die perfekte Geheimtinte halte, weil man diese nicht mit Joddampf sichtbar machen könne. Zudem habe Sperma den Vorteil, dass es jederzeit verfügbar sei.
Angeblich musste der Mitarbeiter, der die Eignung entdeckte, versetzt werden, weil er danach das Opfer von Witzen seiner Kollegen wurde. Ob Kirke selbst das Opfer eines Streichs wurde, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Immerhin gab es damals beim britischen Geheimdienst einiges, was heute kaum glaublich klingt, aber nachweislich passierte. Andererseits war der ausgesprochen exzentrische Cumming, der in seinem Gehstock einen Degen verbarg, auch als Freund von bizarren Scherzen bekannt und erschreckte Bewerber beispielsweise damit, dass er mit einem Messer auf sein Holzbein einstach.