Stromnetze: Chinesische Interessenten abgewimmelt

Bild: 50Hertz

Im Wirtschaftsministerium, so scheint es, geht ein wenig Paranoia um, weil ein chinesisches Unternehmen eine 20-Prozent-Beteiligung an 50Hertz angestrebt hatte

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Nun wird die chinesische SGCC (State Grid Corporation of China) doch nicht beim Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz einsteigen. Diesem gehört das einst von Vattenfall betriebene Hochspannungsnetz in Hamburg sowie Ostdeutschland einschließlich Berlin.

Das Handelsblatt hatte von Bauchschmerzen der Bundesregierung berichtet, ausgelöst vom Interesse der chinesischen Netzbetreiber, einen Anteil von 20 Prozent an Eurogrid International SCRL, der Muttergesellschaft der 50Hertz Transmission GmbH, zu übernehmen. Daraufhin habe sich das Wirtschaftsministerium, so die Zeitung, mit dem belgischen Übertragungsnetzbetreiber Elia in Verbindung gesetzt. Im Ministerium hält man sich Medienberichten zu Folge mit Äußerungen gegenüber der Presse in dieser Angelegenheit zurück.

Elia hat jedenfalls nun sein Vorkaufsrecht in Anspruch genommen, wie es bei 50Hertz heißt. Der Elia-Anteil werde von 60 auf 80 Prozent erhöht. Damit haben die Belgier künftig, wie Elia betont, eine beherrschende Position, die es ihm erlauben würde, das Unternehmen gänzlich umzustrukturieren. Kostenpunkt für die zusätzlichen Anteile: 976,5 Millionen Euro.

SGCC wäre eine Beherrschung von 50Hertz natürlich nicht möglich gewesen. Auch ist kaum zu erwarten, dass ein chinesischer Minderheitseigner im nennenswerten Umfang Know-how abziehen könnte, das Licht ausknipst oder welche sonstigen Befürchtungen die Verantwortlichen im Wirtschaftsministerium umgetrieben haben mögen, gegen den Einstieg in "kritische Infrastruktur" zu intrigieren. Eher schon sieht ihre Intervention ein wenig nach Paranoia aus.

Elia brauchte offensichtlich nicht lange nachdenken, die vom australischen Fonds IFM angebotenen Anteile zu übernehmen. Dieser wird die übrigen 20 Prozent weiter halten, hat aber vermutlich einen beachtlichen Veräußerungsgewinn gemacht. Elia gibt an, 2010 für seinen 60-Prozent-Anteil 2010 486 Millionen Euro bezahlt zu haben. Das wären 162 Millionen Euro für 20 Prozent. IFM streicht nun knapp das Sechsfache ein.

Für Elia scheint sich das Geschäft trotzdem zu lohnen. Immerhin sind die Netze so etwas wie Gelddruckmaschinen. Die Bundesnetzagentur legt die Rendite fest, die die Betreiber erzielen dürfen und nach der die von den Kleinverbrauchern bezahlte Netzabgabe sich richtet. Das unternehmerische Risiko ist normal.

Erst am Donnerstag hatte in Düsseldorf das dortige Oberlandesgericht entschieden, dass die Agentur die Rendite fehlerhaft angesetzt habe, als sie jüngst abgesenkt wurde. Das berichtet mit einiger Genugtuung der Bundesverband der Energie und Wasserwirtschaft. Rund 1100 Unternehmen hatten geklagt.

Übrigens: Man könnte die deutschen Übertragungsnetze – derzeit in vier unabhängigen Unternehmen mit recht wirrer geographischer Aufteilung organisiert – auch in eine am Gemeinwohl orientierte Gesellschaft überführen, wie es in Dänemark im Rahmen der Liberalisierung der Strommärkte in der EU geschehen ist. Das staatlich kontrollierte Unternehmen hat nun die Aufgabe vor allem für ein stabiles Netz im Rahmen des Übergangs zu den erneuerbaren Energieträgern zu sorgen. Der geringe erwirtschaftete Überschuss wird allein in Forschung auf diesem Gebiet gesteckt.