Tendenz zum Alleinleben, Anteil der Familien schrumpft

Nur in Schweden gibt es mehr Alleinlebende als in Deutschland, Hannover ist vor Berlin und München die Stadt mit dem größten Anteil an Alleinlebenden

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Noch sind die Singles in Deutschland eine starke, aber schnell weiter wachsende Minderheit. 1991 gab es noch 11,4 Millionen Alleinlebende, was 14 Prozent der Bevölkerung entsprach, wie das Statistische Bundesamt berichtet, heute sind es bereits 15,9 Millionen oder 19,6 Prozent der Bevölkerung, die allein leben wollen oder müssen. Damit liegt Deutschland zusammen mit Dänemark und Finnland in der EU fast an der Spitze, nur in Schweden ist der Anteil mit 24 Prozent noch höher. In der EU-27 gibt es durchschnittlich einen Anteil von 13 Prozent, die wenigsten findet man mit gerade einmal 6 Prozent in Malta und Zypern, in Portugal sind es 7 Prozent. Alleinlebende können durchaus einen festen Partner haben, nur wohnen sie nicht mit diesem zusammen. Richtige Singles wurden vom Statistischen Bundesamt nicht gesondert erfasst.

Bekanntlich sind Städte der Nährboden für Alleinlebende. Das ist ein Anstieg um 40 Prozent. Je größer, desto mehr Alleinlebende gibt es. In Städten über 500.000 Einwohnern leben 29 Prozent der Bevölkerung allein, in kleinen Städten unter 5.000 nur 14 Prozent. Die Statistiker erklären das damit, dass "Großstädte eine bessere Infrastruktur sowie vielfältige Kultur- und Freizeitangebote (bieten). Auch das dichtere Verkehrsnetz sowie das große Angebot an Versorgungseinrichtungen dürften insbesondere für Alleinlebende eine wichtige Rolle bei der Organisation beziehungsweise Gestaltung ihres Alltages darstellen". Vermutlich ist man in Großstädten als Single schon allein durch die Menge weniger allein als in kleinen Städten und Dörfern. Ganz nach Größe geht es allerdings auch nicht. In Hannover ist beispielsweise der Anteil der Alleinlebenden mit 33 Prozent höher als in Berlin und München, jeweils 31 Prozent. In den Städten wäre der Anteil der Alleinlebenden wohl deutlich höher, wenn die Deutschen unter sich blieben, da Menschen mit Migrationshintergrund weniger oft allein leben.

Mit 49,1 Prozent lebt noch knapp die Hälfte der Bevölkerung in Familien, worunter verheiratete und nicht verheiratete Paare mit Kindern sowie Alleinerziehende gerechnet werden. Das waren 1991 noch 56 Prozent. Und neben den Alleinlebenden haben auch Paare ohne Kinder von 25,9 Prozent auf 29,1 Prozent zugelegt. Auch diese Zahlen zeigen, dass die Familie zum Auslaufmodell zu werden scheint. Damit steigen offenbar auch die Wohnraumansprüche. Die Alleinlebenden leben durchschnittlich auf einer Wohnfläche von 72 Quadratmeter, hingegen hat jeder Deutsche nur 45 Quadratmeter zur Verfügung.

Erhöht hat sich vor allem der Anteil der Singles bei Männern, der von 11 auf 19 Prozent gestiegen ist, bei den Frauen wuchs der Anteil nur von 18 auf 21 Prozent. Deutlicher zeigt sich der Unterschied, wenn man die Zahl der alleinlebenden Männer betrachtet, die um 81 Prozent gestiegen ist, die der alleinlebenden Frauen hingegen nur um 16 Prozent. Damit nähern sich die männlichen Singles mit 7,240 Millionen (2011) den weiblichen mit 8,477 Millionen an. 1991 gab es erst 4 Millionen Singlemänner, dafür aber 7,2 Millionen Singlefrauen. Weil Frauen länger leben, wächst der Anteil im höheren Alter (über 65 leben fast 45 Prozent allein, bei den Männern nur 19 Prozent), während Männer im jungen und mittleren Alter eher in einem Singlehaushalt leben, weil sie vermutlich länger brauchen, um eine Beziehung aufzunehmen, die im Zusammenleben mündet. 60 Prozent der alleinlebenden Männer im Alter von 35 bis 64 Jahren waren noch nie verheiratet, bei den Frauen waren es nur 42 Prozent. Allerdings steigt die Zahl der Menschen, die im Alter von 65 Jahren und mehr heiraten

Während bei den Single-Frauen im Alter von 35 bis 64 Jahren mit 71 Prozent ebenso viele beruftstätig waren wie bei den nicht allein-lebenden, arbeiten bei den alleinlebenden Männern mit 74 Prozent weniger als bei den nicht alleinlebenden (85%). Bei den alleinlebenden und beruftstätigen Frauen ist ein höherer Anteil in Führungspositionen, bei den Männern ist es umgekehrt, hier scheint das Zusammenleben den Aufstieg ein wenig zu fördern oder zumindest nicht zu behindern.

Auf die Gefährdung des Alleinlebens wies Roderich Egeler, der Präsident des Statistikamts, hin:

"Das Alleinleben in Deutschland ist oftmals mit besonderen Problemen verbunden. So beziehen Alleinlebende zum Beispiel überdurchschnittlich häufig Leistungen aus Hartz IV, wie Daten der Bundesagentur für Arbeit belegen. Außerdem sind Alleinlebende überdurchschnittlich häufig von Armut betroffen. Sie sind – nach den Alleinerziehenden – der Haushaltstyp mit der höchsten Armutsgefährdungsquote."