UN-Weltklimarat weiter wegen eines Fehlers im letzten Bericht unter Beschuss
Durch die behäbige Reaktion auf die berechtigte Kritik schadet der IPCC seiner Glaubwürdigkeit
In den letzten IPCC-Bericht wurde die Vorhersage aufgenommen, dass bis zum Jahr 2035 alle Himalaya-Gletscher abgeschmolzen sein würden. Das hatte der indische Wissenschaftler Syed Hasnain allerdings nur in einem Telefoninterview 1999 gesagt. Wissenschaftliche Studien, die das belegen, gibt und gab es nicht, auch wenn die Vorhersage in weiteren Berichten wie einem von der Umweltschutzorganisation WWF wiederholt wurde, auf die sich die Autoren des Kapitels über die Himalaya-Gletscher dann bezogen ( Schlamperei im letzten IPCC-Bericht). Hasnain bezeichnete seine Behauptung selbst als spekulativ, sie habe im IPCC-Bericht nichts verloren.
Solche ungeprüften Quellen für einen Bericht heranzuziehen, der anerkannte wissenschaftliche Ergebnisse für die politische Entscheidungsfindung zusammen stellen soll, schadet natürlich der Glaubwürdigkeit des UN-Weltklimarats und dessen Vorsitzenden Rajendra Pachauri. Der für das Kapitel im IPCC-Bericht verantwortliche leitende Autor, der indische Gletscherforscher Murari Lal, wies die Kritik zunächst mit dem Argument zurück, dass man genau das gemacht habe, was von ihnen erwartet werde: "Wir stützten uns sehr auf graue Literatur (nicht geprüft durch Peer Review), auch auf den WWF-Bericht. Der Irrtum liegt, wenn es einen geben sollte, an der Aussage von Dr. Hasnain und nicht bei den IPCC-Autoren."
Die indische Regierung hatte bereits Ende des letzten Jahres einen Bericht veröffentlicht, nach dem es nicht gesichert sei, ob alle Gletscher schmelzen. Jetzt erklärte der indische Umweltminister Jairam Ramesh erneut, dass die Behauptung, die Gletscher würden bis 2035 verschwinden, wissenschaftlich nicht begründet sei, auch wenn die Gletscher schrumpfen und dies Anlass zu Sorge sein. Auch von anderer Seite war schon seit längerem die Passage mit den Gletschern kritisiert worden. Wissenschaftler hatten zudem darauf aufmerksam gemacht, es sei einfach unmöglich, dass die Gletscher mit teils mehreren hundert Metern dicken Eisschichten so schnell verschwinden könnten. Beim IPCC nahm man die Kritik aber nicht zur Kenntnis und versuchte offenbar, dies auszusitzen.
Rajendra Pachauri bezeichnete den Bericht als "Voodoo-Wissenschaft" und denunzierte den leitenden Autor, den indischen Gletscherforscher Raina: "Mit dem größten Respekt, dieser Mann ging vor Jahren in die Pension, ich finde es total erstaunlich, wenn er nun wieder auftaucht und alles als ungültig erklärt, was seit Jahren wissenschaftlich erwiesen ist." Solche Bemerkungen werden den Disput natürlich weiter anheizen, auch wenn der IPCC-Vorsitzende versprach, dass man sich die Situation der Himlaya-Gletscher näher anschauen werden. Raina selbst wirft dem IPCC vor, sich auf reine Spekulationen zustützen, und fordert Pachauri auf, sich zu entschuldigen, während Hasnain sich ärgert, in den Streit durch den Weltklimarat hineingezogen worden zu sein, ohne dass vor Veröffentlichung jemals bei ihm nachgefragt worden sei.
Der Vizevorsitzende des UN-Weltklimarats, Jean-Pascal van Ypersele, versucht nun, die Wogen zu glätten. Er räumte gegenüber BBC ein, dass die Aufnahme der unbegründeten Vorhersage ein Fehler gewesen sei, den man richtig stellen werde. Durch diesen einen Fehler werde aber nicht der gesamte Bericht von 3000 Seiten widerlegt: "Einige Menschen werden versuchen, den Fehler zu verwenden, um der Glaubwürdigkeit des IPCC Schaden zuzufügen, aber wenn wir das aufdecken, erklären und verändern können, dann sollte dies die Glaubwürdigkeit des IPCC stärken und zeigen, dass wir bereit sind, aus unseren Fehlern zu lernen."