USA: Klage gegen GMO-Kennzeichnungs-Gesetz in Vermont
In den USA wird eine Klage gegen ein Gesetz erhoben, welches die deutliche Kennzeichnung von gentechnisch modifizierten Lebensmitteln fordert. Die Argumente der Kläger sind nicht unlogisch.
Der US-Bundesstaat Vermont hat Anfang Mai 2014 ein Gesetz verabschiedet, das vorschreibt, gentechnisch veränderte Lebensmittel als solche zu kennzeichnen. Das Gesetz tritt Anfang 2016 in Kraft, wird jedoch bereits jetzt mit einer Klage angefochten. Kläger sind die Grocery Manufacturers Association (GMA), die Snack Food Association (SFA), die International Dairy Foods Association (IDFA) sowie die National Association of Manufacturers (NAM). Vermonts Governeur Peter Shumlin hatte in Erwartung solcher Klagen bereits Haushaltsmittel reserviert.
Unabhängig von der Diskussion um die Gefährlichkeit oder Ungefährlichkeit gentechnisch modifizierter Lebensmittel (GMO) sind die Argumente der Kläger jedoch nicht alle so einseitig, wie vielfach kolportiert wird.
Zu viele Ausnahmen
Vermonts Gesetz ist ein Schritt zu mehr Verbraucherinformation, enthält aber große Lücken (bzw. zu viele Ausnahmen). So sind Restaurants per se von der Labelpflicht ausgenommen, gleiches gilt für Produkte von Tieren, die mit gentechnisch modifiziertem Getreide gefüttert werden (wie Eier, Milch oder Fleisch). Kritiker des Gesetzes monieren, dass auf diese Weise eine Vielzahl von Produkten bereits von der Labelpflicht ausgenommen werden, was dem Argument des Verbraucherschutz zuwiderläuft.
Ein Label ohne Sinn
Die Kläger führen an, dass eine Kennzeichnung nicht notwendig sei, da GMO sich nicht von anderen Lebensmitteln unterscheiden würden. Hierbei argumentieren sie mit einer Entscheidung der US-amerikanischen Lebensmittelaufsicht FDA. Die hatte 1994 festgestellt, dass sich Lebensmittel, die aus genetisch modifizierten Pflanzen hergestellt werden, nicht von denen unterscheiden, die ohne genetische Modifikation auskommen.
Auf Basis dieser Entscheidung stellen die Kläger nun fest, dass ein GMO-Label letztendlich sinnfrei sei: “With zero justification in health, safety or science, the State of Vermont has imposed a burdensome mandate on manufacturers that unconstitutionally compels speech and interferes with interstate commerce”, ließ die NMA verlautbaren.
Bundesweites Flickwerk
Doch das Hauptargument der Kläger ist letzten Endes ein wirtschaftliches Argument. Es ist nur logisch, dass sich die Profiteure gegen ein Gesetz wehren, das für sie finanzielle Einbußen durch die Entwicklung neuer Verpackungen für ihre GMO-Produkte bedeuten wird. Dem gegenüber steht der Wunsch der Verbraucher zu wissen, welche Produkte mit GMO-Produkten in Zusammenhang stehen bzw. direkt als solche zu bewerten sind. Wie bereits im Abschnitt "zu viele Ausnahmen" angemerkt, wird dieser Verbraucherschutz jedoch nur bedingt erreicht. Hinzu kommt, dass sowohl Produzenten als auch Händler ein bundesweites Flickwerk an Regelungen befürchten, welches gleich mehrfach zu einem verbraucherschutztechnischen Chaos führen könnte.
Weil das hehre Ziel des Verbraucherschutzes durch ein möglichst einheitliches, aussagekräftiges Label oder Siegel auf Bundesebene lange auf sich warten ließ, setzen einige Bundesstaaten bereits jetzt ihre eigenen Gesetze um, wobei die sich jedoch nicht nur in Details voneinander unterscheiden. So haben beispielsweise Maine und Connecticut sogenannte "Trigger Clauses" in ihre Gesetze eingebaut, was bedeutet, dass diese erst in Kraft treten, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Connecticut hat dabei Kriterien geschaffen, die ein Inkrafttreten des Gesetzes in den nächsten Jahren eher unwahrscheinlich erscheinen lassen:
- Four other states must enact similar legislation.
- One of the four states must share a border with Connecticut.
- The combined population of the northeastern states that enact GMO-labeling laws must total more than 20 million, based on the 2010 census.
Für die Produzenten bedeutet dies, dass das Gesetz quasi von einem Tag auf den anderen in Kraft treten könnte, was heißt, dass sie sich auch finanziell darauf vorbereiten müssen, ohne zu wissen, wann sie nun tatsächlich welche Art Kennzeichnung anbringen müssen. Je nach Gesetz bedeutet dies aber auch, dass z.B. Importe und Exporte innerhalb der USA die Händler und Produzenten vor Probleme stellen würde, da in einem Bundesstaat die einen, im nächsten die anderen Regelungen gelten würden.
Wäre beispielsweise eine Kennzeichnungspflicht für Steaks von Tieren, die mit GMO-Getreide gefüttert werden, in Connecticut notwendig, während sie in Vermont nicht sein müsste, so würde dies für Händler, die in beiden Staaten tätig sind, bedeuten, dass sie letzten Endes entweder auf einen Verkauf in Connecticut verzichten, je nach Bundesstaat unterschiedliche Kennzeichnungen verwenden müssten oder aber letzten Endes per se Kennzeichnungen anbringen.
Während sich die letzte Möglichkeit noch nach einem hohen Verbraucherschutzniveau anhört, wird dies zur Farce, wenn die Kennzeichnungen unterschiedlich aussehen und unterschiedlichsten Kriterien genügen müssten. Es bahnt sich also in Bezug auf GMO ein ähnliches Chaos an, wie es in Bezug auf Bio-Siegel in Europa vorherrschte, bevor ein EU-einheitliches Bio-Siegel eingeführt wurde.
Unabhängig davon, wie GMO beurteilt werden, sind Gesetze, die mehr Ausnahmen und Regeln mit sich bringen, in den meisten Fällen lediglich Placebos: "Vermont's mandatory GMO labeling law — Act 120 — is a costly and misguided measure that will set the nation on a path toward a 50-state patchwork of GMO labeling policies that do nothing to advance the health and safety of consumers." So lautet die Meinung der Kläger - und der Aspekt des Flickwerkes ist nicht von der Hand zu weisen. Dass der Act 120 zudem noch angeblich die Befugnisse des Staates überschreite, dürfte ebenso gerichtlich überprüft werden.