Verwaiste Spurensuche nach außerirdischen Laserblitzen
Die Suche nach der extraterrestrischen Laser-Flaschenpost ist ins Stocken geraten - ein neues Teleskop soll Abhilfe schaffen
Seitdem die beiden Physiker Guiseppe Cocconi und Philip Morrison vor 55 Jahren die SETI-Idee (SETI=Suche nach außerirdischer Intelligenz) salonfähig machten und der US-Radioastronom Frank Drake im April 1960 den ersten wissenschaftlich-systematischen Lauschangriff auf außerirdische Funksignale startete, folgten mehr als 120 SETI-Suchprogramme, die bis auf den heutigen Tag allesamt mit dem gleichen Schicksal hadern: Ausnahmslos war ihnen kein Erfolg beschieden. Kein außerirdisches Treibgut strandete im Wellenmeer des kosmischen Ozeans bis an die Gestade unserer Wahrnehmung.
Um die Flaschenpost endlich in Greifweite zu rücken, ziehen die SETI-Forscher schon seit Jahren alle Register der Kunst und nutzen immer schnellere Computer, bessere Software und leistungsstärkere Teleskope und bedienen sich überdies neuer Detektionsverfahren und Messmethoden. Eine davon ist OSETI.
Einsteins Erleuchtung
OSETI steht für Optical SETI (optisches SETI) und favorisiert die Idee, dass außerirdische Technologien auch im sichtbaren oder infraroten Lichtspektrum senden könnten. Da Informationen sich besonders gut in kurzwelligen Laserpulsen hineinstauen lassen und weil stark gebündelte Laserstrahlen Dunkle Materie oder Nebel- und Gaswolken problemlos durchdringen, könnten Aliens sich auch dem Versenden von Laser-Botschaften verschrieben haben.
Dies dachte sich auch Albert Einstein, der bereits 1920 das Potential von OSETI antizipierte. "Wenn Intelligenzen auf anderen Planeten versuchen, mit der Erde Kontakt aufzunehmen, würde ich von diesen erwarten, dass sie Lichtwellen nutzen, weil diese leichter zu kontrollieren sind." Aber erst 41 Jahre später schlug der Entdecker des Laser-Prinzips und spätere Physik-Nobelpreisträger, Charles H. Townes vor, die Suche auch auf Laserblitze und kurze Laserpulse zu erweitern. Eine fortgeschrittene Zivilisation, die eine ähnliche technische Entwicklung wie unsere Kultur durchlaufen hat, könnte optisches oder Infrarotlicht für den Austausch von interstellaren und interplanetaren Botschaften nutzen.
1000 Mal heller als die Muttersonne
Was der sowjetische Astronom Victor F. Shvartsman mit seinem 60-Zentimeter-Teleskop im Rahmen des MANIA-Projektes 1973 erstmals in die Tat umsetzte und Geoffrey Marcy sowie Paul Butler 1998 fortsetzten, avancierte kurz darauf zur SETI-Doktrin und neuen Doppelstrategie. In der Studie SETI 2020 sprach sich eine ad hoc einberufene Arbeitsgruppe dafür aus, in den nächsten 20 Jahren sowohl nach Radio- als auch Lasersignalen zu suchen.
Sollten ET & Co dereinst dennoch via Laser auf sich aufmerksam machen, wäre dank dieser neuen Methode zumindest garantiert, dass deren Lichtbotschaft nicht im photonenarmen Weltraum verloren geht. Denn würde eine außerirdische Intelligenz einen Nanosekundenimpuls per Laser aussenden, würde dieser 1000 Mal heller als deren Heimatstern aufleuchten.
Anders als bei den Radiosignalen müssten dabei unsere Brüder im All jedoch die Lichtsignale ganz gezielt auf unseren Heimatplaneten richten. Ansonsten würde sich die aus den Tiefen des Alls kommende Flaschenpost auf Nimmerwiedersehen wieder in die kosmische Unendlichkeit verlieren. Aber genau hier liegt auch nach Ansicht von Dan Werthimer das Problem. "Für mich ist es schwer vorstellbar, dass eine Zivilisation einen Laserstrahl in unsere Richtung lenkt, ohne von uns zuvor Kenntnis zu haben", gesteht der Direktor des SETI-Programms der University of California at Berkeley, der selbst schon einige OSETI-Suchläufe initiiert und geleitet hat. "Wir haben bislang ungefähr 20.000 Objekte abgesucht, meist sonnenähnliche Sterne – pro Objekt zehn Minuten lang. Bislang haben wir aber noch kein vielversprechendes Signal gefunden."
Photonen pro Nanosekunde zählen
Bislang versuchten gut ein Dutzend OSETI-Projekte rund um den Globus den intelligenten Laserflash mit erdgebundenen Teleskopen zu detektieren. Deren Protagonisten jagen weltweit mit leistungsstarken optischen Teleskopen und speziellen, sensiblen Fotodetektoren nach extrem kurzen oder langen außerirdischen Laserpulsen. Doch bis heute erhellte kein Alien-Laserflash die samtene Schwärze des Alls.
Während Geoffrey Marcy und Dan Werthimer den Nordhimmel von Zeit zu Zeit nach Laserpulsen absuchen, leitet Ragbir Bhathal von der Universität von Western Sydney in Campbelltown (Australien) derzeit das einzige optische Suchprogramm auf der südlichen Hemisphäre. Sekundiert von zwei computergesteuerten 0,4 und 0,3 Meter-Teleskopen visiert Bhathal seit 14 Jahren in einem Radius von 100 Lichtjahren vornehmlich sonnenähnliche Sterne an. Mindestens 1000 solcher Gasriesen konzentrieren sich innerhalb dieser Region.
Die auf Bhatals Fernrohren montierten Lichtsensoren sind derart empfindlich, dass sie Laserpulse von der Dauer einer Millardstel Sekunde (=eine Nanosekunde) erfassen. Strahlten etwa im Teleskopstrahl binnen einer einzigen Nanosekunde zehn oder mehr Photonen um die Wette, wäre dies ein klarer Hinweis auf eine künstliche Quelle. Erschiene das Lasersignal überdies in periodischer Folge, spräche alles für eine absichtlich verfasste Botschaft, da die von Sternen ausgesandten Photonen in der Regel ungeordnet und ohne regelmäßiges Intervall eintreffen.
Irritation um Lasersignal
Tatsächlich registrierten Anfang Dezember 2008 Bhathals Detektoren einige Photonen zu viel. Auf seinem Computer sorgte ein unnatürlich starker Laserpuls für einen starken Amplitudenausschlag, der nur wenige Nanosekunden währte und sich nicht wiederholte. Sichtlich beeindruckt von dem unnatürlich starken Laserpuls notierte er auf dem Computerausdruck: "Is it ET?"
Auch wenn die genaue stellare Entstehungsort des Pulses unbekannt blieb, kristallisierte sich nach einer intensiven mehrwöchigen Recherchephase immerhin heraus, dass der Ursprung des Signals im Sternbild Tukan (lat. Tucana) zu finden ist. Was aber auch immer die Quelle des kurzen Laserblitzes gewesen war, ob es von einem optischen Pulsar stammte oder das Produkt einer gänzlich unbekannten kosmischen Erscheinung war, bleibt vielleicht für immer nebulös, da sich der Nanolaserpuls bis heute nicht wiederholte.
Nur noch vereinzelt OSETI-Suchläufe
Doch derweil ist es um OSETI ruhig, sehr ruhig, ja fast schon ein wenig zu ruhig geworden. Es ist eine Ruhe, die sich auch in den Tiefen und Weiten des Cyberspace manifestiert und dort ihre Spuren hinterlassen hat. Dass beispielsweise eine sehr wichtige Website für das Optical-SETI-Programm ihre letzte Aktualisierung am 11. Oktober 2009 erlebt und eine weitere führende Seite das letzte Update am 24. November 2011 erfahren hat, spricht Bände und spiegelt den derzeitigen Stillstand hinsichtlich der OSETI-Anstrengungen auf drastische Weise wider.
Dabei war Bhathal noch im Sommer 2011 voller Optimismus und bestätigte die Fortführung des Programmes. Zusammen mit zwei Mitarbeitern taste er immer noch im Rahmen des OZSETI-Projekts (Optical SETI in Australia) den Südhimmel nach künstlich erzeugten, extrem kurzen Laserpulsen im sichtbaren, im ultravioletten und im nahen Infrarotbereich ab. Zwar nicht mehr so regelmäßig wie die Jahre zuvor, aber immer noch von Zeit zur Zeit: "Ich beobachte immer noch den südlichen Nachthimmel und werde dies auch weiterhin tun“, bestätigte Bhatal diesem Magazin im August 2011.
SOFOS als Chance
Einen gewaltigen Sprung nach vorne machen würde die OSETI-Forschung nach Ansicht des Astrophysikers Corbin Covault von der Case Western Reserve University, stünde das "Scanning Observatory for Optical SETI” (SOFOS) alsbald zur Verfügung.
Diese neuartige Linsen-Phalanx soll aus vier einzelnen Modulen bestehen, die paarweise in zwei Kilometer Abstand zueinander aufgestellt werden. Jedes Teleskop soll aus Fresnel-Linsen und Photomultiplier-Röhren bestehen, die sich auf einem Areal von 3,5 mal 3,5 Meter verteilen. Die Linsen würden auf einer neig- und drehbaren Plattform stehen, wodurch eine Beobachtung des kompletten Nordhimmels garantiert wäre.
Das Observatorium würde dann im Verbund sowohl nach längeren als auch kurzen Laserblitzen im Nanosekundenbereich suchen. Aufgrund seiner Sensibilität wäre SOFOS in der Lage, weniger als 10 Photonen pro Quadratmeter zu registrieren. "Wir könnten damit den ganzen nördlichen Himmel absuchen", sagt Covault. "Sollte eine fortgeschrittene Zivilisation ein optisches Signalfeuer im interstellaren Raum entlassen haben, würde wir dieses registrieren können."
Für die Umsetzung ihrer Idee und Fertigstellung des Observatoriums bräuchten die Wissenschaftler um Covault ein Startkapital von (nur) 365.000 Euro. Wann dies jedoch zur Verfügung steht, wann die OSETI-Sternwarte gebaut wird und ihr erstes Licht feiern kann, steht in den Sternen. In jenen Sternen, die es später einmal nach Laserblitzen außerirdischer Herkunft abtasten soll.