"Viel später wird man dann die Skelette der Hunde in der Wüste zählen"
Der Schriftsteller Feridun Zaimoglu zur Integrationsdebatte rund um Sarrazin
Es ist alarmierend zu sehen, wie auf einmal dumpfe rechte Parolen salonfähig werden und sich Platz verschaffen. Bitter ist es, wenn sich dazu auch "Alibi-Türken" auf die Seite derer stellen, die sich mit grellen diffamierenden Thesen Gehör verschaffen und damit Geld verdienen. Man findet sie offensichtlich immer; sie dienen zur Verteidigung gegen Rassismus-Vorwürfe: "Schaut her, es gibt auch Türken, die so denken. Also kann ich kein Rassist sein!"
Die "Grande Dame" der Islamkritik, Necla Kelek, die sich in der medialen Öffentlichkeit immer gerne als "kritische Muslimin" gibt, steht tapfer an der Seite Sarrazins und verteidigt diesen gegen Vorwürfe.
Der Schriftsteller und Künstler Feridun Zaimoglu mag keine Assimil-Kümmels. Der Assimil-Kümmel sei einer, der zurechtgemacht und zurechtgestutzt ist: "Der Edelmigrant, der in seiner Nische hockt als ewig gleicher Nicht-Türke und als ewig gleicher Ankömmling und nur dazu dient, das Bild von der freundlichen Aufnahme von Migranten aufrechtzuerhalten."
Nach Zaimoglu schüren die fremdstämmigen deutschen Frauenrechtsaktivisten, wie Necla Kelek, mit Hysterie und Polemik die Ressentiments und vergiften das soziale Klima.
"Ich finde sie erbärmlich. Sie ducken nach oben und treten nach unten. Es gibt ein schönes Wort dafür: Opportunismus. Die Angriffe auf den Islam werden eben nicht von sogenannten 'säkularen' oder 'modernen' Moslems geführt. Es sind fast ausnahmslos Eiferer, die den Eingottglauben als Ganzes attackieren."
Populisten wie Sarrazin sind für Zaimoglu bedauernswerte Gestalten.
"Das sind Menschen, die viel sprechen, wenn der Tag lang ist. Es sind Schwätzer. Schwätzer von diesem Schlage wird es auch in Zukunft geben. Ich bestehe darauf, dass die Geschichte der Einwanderung in Deutschland eine Erfolgsgeschichte ist. Es gibt viele Zeichen dafür da draußen. Ich bestehe darauf, dass man die Männer und Frauen der ersten Generation der Gastarbeiter, "der goldenen Generation", bitte schön mit Respekt behandeln mag. Ich bestehe darauf, dass man Populisten und Menschen, die abfällig daher reden und dann auch noch von sich behaupten, dass sie mutig sind, dass man diese Menschen mit Verachtung strafen muss."
Die ganze Integrationsdebatte und die Diskussionen über die Muslime in Deutschland beobachtet Zaimoglu in heiterer Gelassenheit.
"Ich bin deswegen sehr gut gelaunt, weil wir trotz der Versuche, gläubige Muslime in Verruf zu bringen, trotz dieser Störmanöver von Profilneurotikerinnen und -neurotikern, gesehen haben, dass es einen organischen Zuwachs gibt. Der Innenminister hat einmal etwas Gutes gesagt: Der Islam ist ein Teil dieses Landes. Ich würde noch dazu sagen, dass auch die Muslime ein Teil dieses Landes sind. Es ist eine Entwicklung, die nicht aufzuhalten ist. Ich sehe natürlich viele falsche Propheten, viele falsche Verkünder, die mit dem Feuer spielen. Ich sehe andererseits aber auch einen großen Strom von Menschen, die sich nicht von irgendwelchen Appellen aufhalten lassen, ihren Glauben auszuleben. Und ob das nun Antiislamisierungquatsch heißt oder Anti-Islam-Quatsch, es gibt ja immer diese Saisonarbeiter der Aufklärer. Sie kommen und werden auch wieder gehen. Ich habe allen Grund zu großer Heiterkeit. Die Karawane zieht weiter. Viel später wird man dann die Skelette der Hunde in der Wüste zählen."
Der Autor betreibt ein Blog namens grenzgängerbeatz.