Was Sie schon immer über Strafanträge wissen wollten, ...

... aber nicht zu fragen wagten!

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Wenn Sie das Bedürfnis haben, die deutsche Staatsanwaltschaft gegen einen Mitmenschen wegen zum Nachteil Ihrer Person begangenen Beleidigungsdelikten in Stellung zu bringen, müssen Sie ein paar Feinheiten beachten: Erforderlich ist nämlich nicht nur Ihre Strafanzeige, die jeder erstatten kann, sondern auch Ihr Strafantrag. Den müssen Sie innerhalb von drei Monaten ab Kenntnis des Frevels stellen.

Nun gibt es jedoch eine weitere Hürde: Wenn Sie den Antrag persönlich stellen, setzt das Strafgesetzbuch voraus, dass Sie uneingeschränkt geschäftsfähig sind. Bestehen jedoch Anhaltspunkte dafür, dass Sie in einer anderen, eher subjektiven Realität leben, zum Beispiel Dschingis Khan als Ihren Leibwächter engagieren, protzige Schwarzbauten in Umweltschutzgebieten hochziehen oder Kriege mit Ihren Nachbarn führen, wäre es ratsam, wenn ein gesetzlicher Vertreter wie z.B. Ihre Frau den Antrag sicherheitshalber zusätzlich fristgemäß stellen würde.

"Verbrechen gegen die Menschlichkeit"

Wenn das Ganze zu etwas führen soll, sollten Sie sich aber jetzt clever verhalten. Wenn Sie eine Flegelei etwa auf der Stelle mit einer eigenen Beleidigung erwidern, dann kann der Richter beide Beleidiger für straffrei erklären. Und dann wäre der schöne Strafprozess für die Katz! Daher sollten Sie zumindest unmittelbar nach Kenntnisnahme nicht zu allzu sehr poltern.

Auch sonst wäre Zurückhaltung hilfreich, auch von Ihren Freunden. Wenn etwa jemand aus Ihrer Fan-Posse eine Beleidigung als "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" bezeichnet, könnte derjenige sich wegen übler Nachrede strafbar gemacht haben. Denn "Verbrechen" sind nach § 12 StGB nur Straftaten mit Mindeststrafe von einem Jahr. Beleidigungen sind aber eben nur "Vergehen". Gedankenverbrechen sind bislang nicht strafbar (wobei manche zivilrechtlichen Unterlassungsverfügungen in diese Richtung gehen ...)

Darüber hinaus ist "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" ein juristisch definierter Begrif aus § 7 Völkerstrafgesetzbuch und bezeichnet einen "ausgedehnten oder systematischen Angriff gegen eine Zivilbevölkerung" durch dort abschließend aufgeführte schwere Straftaten, zu denen Beleidigung nun einmal nicht gehört. Sicherheitshalber sollten Sie Anschuldigungen solcher Qualität nur durch diplomatisches Personal ventilieren, das vor deutscher Strafverfolgung geschützt ist.

Diplomaten, welche die Terminologie des Völkerstrafgesetzbuches nicht beherrschen, sind allerdings ähnlich peinlich, wie Staatslenker, die massenhaft Menschen wegen Beleidigung an mimosenhaften Staatschefs einsperren. Wer möchte, kann den Begriff "peinlich" auch mit "sackdoof" ersetzen.