Wenn Banken plötzlich pazifistisch werden

Die Sparkasse Saarbrücken kündigt einer Rojava-Solidaritätsinitiative das Konto, weil mit den Spenden möglicherweise Waffen gekauft werden könnten

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Dass Konzerne, die an der Rüstung verdienen, ihr Bankkonto verlieren, hat man noch nicht gehört, aber einer Solidaritätsinitiative, die die kurdischen Aktivisten in Rojava unterstützt, wurde von der Saarbrücker Sparkasse das Konto gekündigt.

Linke kurdische Organisationen im syrischen Rojava haben in den letzten Monaten bei vielen Menschen in aller Welt an Ansehen gewonnen. Sie haben nicht nur dem IS militärisch Grenzen gesetzt. Sie haben sogar noch im Kriegsgebiet Rätestrukturen aufgebaut. Wenn auch manche den revolutionären Pathos von Rojava-Besuchern wie David Graeber, der sich an die spanische Revolution erinnert fühlt, als Revolutionskitsch belächeln, so ist doch unbestritten, dass die Kämpfer Tausende Menschen vor den Islamisten gerettet haben und in der Region tatsächlich eine Alternative zu den unterschiedlichen Terrorherrschaften darstellen.

In den letzten Monaten haben in Deutschland verschiedene Initiativen Spenden für Rojava gesammelt. Einen von der Interventionistischen Linken und dem Verband der Studierenden aus Kurdistan initiierten Solidaritätsaufruf haben über 400 Personen unterzeichnet. Inzwischen sollen mehr als 100.000 Euro Spendengelder zusammengekommen sein.

Seit einigen Tagen muss sich die Initiative "Solidarität mit Rojava" ein neues Konto suchen. Die Sparkasse Saarbrücken, an die die Spendengelder bisher überwiesen werden konnten, hat der Initiative das Konto gekündigt: Es sei nicht auszuschließen, dass mit den Spendengeldern nicht nur Lebensmittel, sondern auch Waffen gekauft werden könnten, lautet die Begründung.

Protest angekündigt

Georg Gruhl von der Interventionistischen Linken, der für die Öffentlichkeitsarbeit der Kampagne zuständig ist, will die Kündigung nicht einfach hinnehmen.

Wir bitten darum, bei den Verantwortlichen der Sparkasse Saarbrücken Protest gegen die Kündigung des Kontos einzulegen. Dabei geht es zum einen darum, die politische Legitimität der Spendensammlung gegen die Bigotterie der Sparkassen-Verwaltung zu behaupten. Zum andern aber auch unmittelbar um ein Konto, das seit über einem halben Jahr bundesweit auf Flugblättern, Plakaten und im Internet bekannt gemacht wurde, und auf das viele hundert verschiedene Personen Geld überwiesen haben.

Bemerkenswert ist die Kontokündigung auch deshalb, weil diese Kampagnen sicher auch Spenden für Waffen nicht ausschließen, aber auch nicht ausdrücklich befürwortet. Eine weitere Kampagne der Neuen Antikapitalistischen Linken hingegen ist schon im Motto deutlich: "Waffen für Rojava". Auch sie hatte kurzzeitig Probleme mit dem Konto. In der Taz wurde daran erinnert, dass die in den 1980er Jahren des letzten Jahrhunderts maßgeblich von der linksliberalen Tageszeitung unterstützte Kampagne "Waffen für El Salvador" eine größere gesellschaftliche Unterstützung hatte.

Dass heute Solidarität für Waffen nicht mehr so beliebt ist, muss aus emanzipatorischer Sicht kein Manko sein. Dass aber Banken und Sparkassen die Konten kündigen, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass mit dem Geld, das darüber geleitet wird, Waffen gekauft werden, sollte Gegenstand einer politischen Kampagne sein. Sollten nicht sämtliche Banken und Sparkassen die Konten ihrer Geschäftskunden kündigen, bei denen nicht ausgeschlossen werden kann, dass Gelder für den An- und Verkauf von Waffen und anderes militärisches Material stammen könnten?

Davon wären Konzerne, aber auch mittelständischen Unternehmen, die nicht nachweisen können, dass sie nicht in das Waffen- und Rüstungsgeschäft involviert sind, betroffen. Die Saarbrücker Sparkasse könnte auf diesem Pfad des Pazifismus natürlich vorangehen.