Widerstand gegen Privatisierung spanischer Krankenhäuser
Der Regierung in Madrid wird zwei Wochen Zeit gegeben, Privatisierungspläne zurückzunehmen
Heute werden in der spanischen Hauptstadt Madrid erneut zahllose Menschen auf die Straße gehen, um als "weiße Flut" das Gesundheitssystem zu verteidigen. Die Ärzte und das Klinikpersonal geben nicht nach, obwohl die Regionalregierung Madrids mit dem Haushalt zum Jahresende auch die Teilprivatisierung des Gesundheitswesens verabschiedet hat. Im gleichen Atemzug wurden auch die Sonderrechte für den einen Casino-Milliardär verabschiedet wurden, der fast von allen Steuern befreit wurde, wenn er eine Glücksspielstadt am Rand der Hauptstadt baut. Zeitgleich werden sechs Krankenhäuser und 27 Gesundheitszentren privatisiert, womit angeblich gut 500 Millionen Euro gespart werden sollen. Dazu müssen die 6,5 Millionen Bewohner der Region nun ein Euro pro Rezept bezahlen.
Der Widerstand der Beschäftigten in weißen Kitteln brach zum Jahresende kurz ein, ein Streik wurde nach 18 Tagen beendet. Die Enttäuschung wurde aber schnell überwunden. Am vergangenen Montag überschwemmten erneut zahllose Menschen die Hauptstadt. Auf Transparenten wurde das Anliegen klar gemacht. "Das öffentliche Gesundheitswesen ist nicht zu verkaufen, sondern zu verteidigen!"
"Wir werden weiterhin unsere Patienten darüber informieren, dass ihnen unser Eigentum, die öffentliche Gesundheitsversorgung, genommen wird, damit ein paar Unternehmen daraus wirtschaftliche Gewinne ziehen können", kündigte die Sprecherin der Madrider Fachärztevereinigung (AFEM) neue Proteste an. Wie Mónica García befürchten viele, dass die Hauptstadtregion, die seit vielen Jahren fest in der Hand der konservativen Volkspartei (PP) ist, nur als Labor dient, um die Privatisierung des Gesundheitswesen im gesamten Land zu erproben.
Die AFEM ruft die Kollegen im ganzen Land zu einer Konferenz am 16. Februar über das Thema auf. Ärzte und Pfleger haben am Donnerstag beschlossen, wieder mit Streiks zu beginnen. Für den AFEM-Präsidenten Pedro González ist klar, dass man die Ärzte in der Verteidigung des Gesundheitssystems "nicht vom Esel runterholen wird". Die Gewerkschaften von Ärzten und Pflegern geben der Regierung 14 Tage, um eine Verhandlungslösung zu finden.
Dass man zu drastischen Schritten bereit ist, wurde am vergangenen Dienstag unmissverständlich deutlich gemacht. Die Leitungen von mehr als der Hälfte aller 270 Gesundheitszentren der Hauptstadtregion reichten ihren Rücktritt ein. Man wolle nichts "boykottieren", erklärte der Direktor des Gesundheitszentraums von Carabanchel. Doch man ignoriere die Fachleute und treffe ohne sie "weitreichende Entscheidungen", fügte Paulino Cubero an. Man werde zurücktreten, falls an den Privatisierungen festgehalten wird. Er hofft auf eine Dialoglösung, weil die Auswirkungen der Rücktritte "desaströs" wären.
Tatsächlich hat die Regionalregierung wieder Verhandlungen aufgenommen, wo ihr ein Sparplan in einem Volumen von 600 Millionen Euro unterbreitet wurde. Die mit den Privatisierungen angepeilten Einsparungen würden damit deutlich übertroffen. Der massive Widerstand zeigt auch sonst Wirkung. Die spanische Regierung hat am Freitag beschlossen, gegen die Rezeptgebühr per Verfassungsklage vorzugehen. Vom höchsten Gericht wird sogar gefordert, die Gebühr sofort auszusetzen.
Die Parteikollegen vom rechten Flügel der eigenen Partei werden in Madrid abgewatscht, allerdings blieb der PP kaum eine andere Möglichkeit, da sie auch gegen die Rezeptgebühr in Katalonien vor dem Verfassungsgericht geklagt und für die Aussetzung gesorgt hatte. Doch das ändert nichts daran, dass ernsthafte Widersprüche in der PP offen geworden sind. Die beschränken sich nicht nur auf die Rezeptgebühr, hatte die Madrider Bürgermeisterin deutlich gemacht. Sie sprach sich per Unterschrift dagegen aus, dass die hochspezialisierte Klinik "Princesa", für universitäre Ausbildung und Forschung anerkannt, privatisiert und zum Krankenhaus für Altersschwache werden soll. Ana Botella ist ein Schwergewicht in der PP. Sie sitzt in der PP-Führung und ist Ehefrau des früheren Ministerpräsidenten José María Aznar, der von 1996 bis 2004 Spanien regierte.