Wie tödlich ist ein GAU?
4.000 oder 1,4 Mio. Tote als Folge von Tschernobyl?
Die Gesellschaft für Strahlenschutz diskutierte, welche gesundheitlichen und ökologischen Schäden ein Reaktorunfall mit Freisetzung radioaktiven Materials zur Folge hat. Sebastian Pflugbeil der Präsident der Gesellschaft für Strahlenschutz stellte klar, dass die radioaktive Verseuchung sich von Fukushima anders ausbreiten wird, als etwa nach Tschernobyl. In Japan brennt es nicht und deshalb werde das radioaktive Material einerseits in einem kleineren Radius von 300 bis 500 km niederkommen und dort auf eine viel höhere Bevölkerungsdichte treffen als es in Tschernobyl der Fall war.
Doch wie krankmachend und tödlich war der GAU von Tschernobyl bis heute eigentlich? Leider gibt es als Vergleichswert bis heute keine verläßlichen offiziellen Zahlen darüber, welche Auswirkungen Tschernoby hatte. Dafür macht die Gesellschaft für Strahlenschutz vor allem die Internationale Strahlenschutzkommission der UNO ( ICRP) verantwortlich. Diese hat abschließend die Einschätzung abgegeben, es gebe "praktisch keine überzeugenden Belege für gesundheitliche Schäden der Bevölkerung in der Tschernobylregion" und man werde dieser Frage auch nicht weiter nachgehen.
Sebastian Pflugbeil zum personellen Aufbau des ICRP: "Das ist praktisch ein eingetragener Verein, wo sich die Mitglieder selber ihre Nachfolger suchen. Die haben keinerlei wissenschaftliche Legitimation, keinerlei demokratische Legitimation. Aber dummerweise richten sich alle Staaten der Welt in ihren Strahlenschutzbestimmungen nach den Aussagen dieser Leute. Das ist eine Handvoll Leute, die das Schicksal der Weltbevölkerung massiv beeinflusst, dadurch, dass sie immer wieder versuchen, die neuen Erkenntnisse im Bereich Strahlenforschung runter zu diskutieren und unangenehme Erkenntnisse beiseite zu schaffen."
Die Tagungsteilnehmer berichteten dagegen von empirischen Untersuchungen zu den auswirkungen der Strahlung. Andriy Noshchenko aus Kiew etwa zur Leukämiehäufigkeit bei Kindern nach dem GAU von Tschernobyl: "Bei Kindern, die zum Zeitpunkt des Unfalls zwischen null und fünf Jahren alt waren, ist das Leukämierisiko in den ersten elf Jahren nach dem GAU deutlich erhöht." Vor dem Unfall seien 80 Prozent der Kinder in den betroffenen Ländern gesund geboren worden, nach dem Unfall seien nur noch 20 Prozent der Kinder ohne gesundheitliche Schäden auf die Welt gekommen.