Wirtschaftskrise bringt Spanien Klimaschutzzielen näher
Der schwere Wirtschaftskrise hat 2008 erstmals zu geringeren Co2-Emissionen geführt
Ob Spanien den Spitzenplatz beim Verstoß gegen das Klimaschutzabkommen von Kioto verlässt, muss sich noch herausstellen. Aber erstmals hat sich der bisher größte Sünder gegen die Verpflichtungen den Zielen genähert, statt sich weiter zu entfernen. Nach der Vorrausschätzung der spanischen Regierung soll sich der Ausstoß des Treibhausgases Co2 im vergangenen Jahr um 8 % verringert haben.
Zuvor waren Jahr für Jahr die Emissionen gestiegen. Doch der sozialistischen Regierung war es verstärkten Einsatz von Wind- und Solarenergie in fünf Jahren gelungen, den Zuwachs zu verringern. Nach Angaben der World Meteorological Organization ( WMO) in Genf wuchsen die Emissionen 2007 nur noch um 0,5 %. Spanien lag gut 53 % über der Richtmarke aus dem Jahr 1990, obwohl dem Land wegen der nachholenden Entwicklung ein Zuwachs von 15 % zugebilligt wurde.
Dass Spanien erstmals weniger Klimagas in die Umwelt bläst, ist kein wirklicher Erfolg der Klimapolitik, wie die Staatssekretärin für den Klimawandel Teresa Ribera weismacht. Sie meinte, der "Wandel bei der Stromerzeugung" sei dafür verantwortlich, weil Gaskraftwerke die Kohlekraftwerke ersetzt hätten und dazu der steigende Anteil erneuerbarer Energien komme. Dabei wurde keine der Dreckschleudern geschlossen, die für den massiven Co2-Ausstoß verantwortlich waren.
Gemäß einer Studie waren 2007 nur 120 Betriebe für 36 % aller Emissionen verantwortlich. Kohlekraftwerke bliesen mit 70 Millionen Tonnen fast 16 % ab, das Kraftwerk As Pontes allein fast 9 Millionen. Die Zementfabriken laben mit 27 Millionen Tonnen weit vor den Raffinerien, die für 15 Millionen Tonnen verantwortlich waren. So war leicht vorhersehbar, dass in der extremen Wirtschaftskrise die Emissionen zurückgehen, weil veraltete Kohlekraftwerke wegen sinkender Nachfrage zurückgefahren werden. Weil Spanien 2008 den Spitzenplatz bei der Arbeitslosigkeit in Europa einnahm, sank auch der private Verbrauch, weil viele Familien an allen Ecken und Enden sparen. Derzeit sind in Spanien mehr Menschen arbeitslos als in Deutschland, allerdings bei nur halber Bevölkerung.
Doch auch die Regierung glaubt nicht an eine Nachhaltigkeit. Sie hofft sogar auf eine baldige Erholung und dann werden Kohlekraftwerke und Zementfabriken wieder hochgefahren. Spanien hat als erstes Land Emissionsrechte im Osten eingekauft und es sollen bis zu 159 Millionen Tonnen zugekauft werden. Anders ist auch das Rumgeeiere um den Schrottreaktor von Garoña nicht zu verstehen.
Schon 2004 hatten die Sozialisten (PSOE) den Ausstieg aus der Atomkraft versprochen und die Haltung 2008 bestärkt. So sollte 2009 der älteste Reaktor vom Netz genommen werden. Doch es sieht so aus, dass dem Antrag der Betreiber die Laufzeit des 1971 in Betrieb genommenen Meilers in Garoña erneut verlängert wird. Dessen Lizenz läuft am 5. Juli ab und die Regierung unter José Luis Rodríguez Zapatero noch immer keine Entscheidung getroffen. Dabei liefert der kleine Pannenreaktor nur 466 Megawatt und Ende April wurde eine weitere Notabschaltung registriert. Der Anteil des Atomstroms geht immer weiter zurück und schon 2007 wurde mehr Strom über Windkraft und Solarstrom erzeugt, als in den sechs von Pannen geplagten Atomkraftwerken. Die Atomaufsicht (CSN), die bisweilen Störfällen eher vertuscht als aufgeklärt, deutete kürzlich eine erneute Laufzeitverlängerung an.
Ein schlechtes Zeichen für den Klimaschutz war auch, dass das Umweltministerium 2008 geschleift und ins Ministerium für Landwirtschaft und Fischfang unter Elena Espinosa eingegliedert wurde. Die fiel nie im Naturschutz auf und so nehmen die Umweltschutzorganisationen der Regierung nun auch die Erfolgspropaganda im Klimaschutz nicht ab. Statt eines "strukturellen Wandels" machen sie konjunkturelle Gründe und die "geplatzte Immobilienblase" für die Verringerung des Treibhausgases verantwortlich. Sie erwarten sogar, dass der Co2-Ausstoß im Verkehr- und Wohnungssektor weiter steift, zu denen Ribera keine Angaben machte. Zur Krisenbekämpfung wird auch in Spanien die Automobilindustrie mit viel Geld gestützt, die Isolation von Häusern aber weiter sträflich vernachlässigt.