Zoombombing und 5G-burning
Nein, Corona und 5G haben weniger miteinander zu tun, als manche glauben. Zoom und der Wilde Westen aber auch
Immerhin. Facebook launched jetzt in Italien einen WhatsApp-Service, der Fake News von echten Neuigkeiten zur Pandemie unterscheiden hilft. Nachrichten an Facta, einem dortigen Factchecking- Service, werden gegengecheckt und als "richtig" oder "fake" etikettiert. Vorausgesetzt, italienische WhatsApp User glauben Facta und nehmen jetzt nicht an, dass hinter diesem Account chemtrailverseuchte Reptilienmenschen ihr Unwesen treiben, lässt sich damit vielleicht der eine oder andere Blödsinn aus der Welt schaffen oder erst gar nicht weiter verbreiten.
Vermutlich wäre es mit einer gehörigen Portion Facta erst gar nicht zum Abfackeln von 5G-Sendemasten gekommen, so wie das in Großbritannien vorkam. Dort trendete #5Gcoronavirus die ganze vergangene Woche auf Twitter und führte zu ersten Zündeleien, denen Antennen zum Opfer fielen.
Hier also schon einmal zum Mitschreiben, leider noch nicht von Facta gegengecheckt: 5G ist mit Sicherheit eines nicht, der Auslöser für eine Pandemie. So wie auch vergiftete Lurche im Trinkwasser und rückwärts gesprochene Trump-Reden derzeit als mögliche Verursacher weitestgehend auszuschließen sind. Es ist ein Virus. Er kann tödlich sein. Wir schützen uns derzeit mittels einer Selbstquarantäne gegen seine weitere Verbreitung. Ganz einfach.
Und während wir das tun, entstanden im Homeoffice, der Brutstätte für allerlei unausgelasteten Schabernack, merkwürdige neue Freizeitbeschäftigungen. Zoombombing war eine davon. Sobald Nutzer der Video Conferencing Software die ID eines Calls herausgefunden hatten und es wohl lustig fanden, in denselben hineinzuplatzen und blöde, zuweilen rassistisches Zeug von sich zu geben, war für sie die Welt wieder spannend und in Ordnung. Für die anderen im Call nicht.
Was man an jeder guten Überblicksvorlesung der Soziologen von der Universität noch kennt, dass jemand einfach so reinplatzt und über den Weltkommunismus zu bramsalieren beginnt, nervt in der digitalen Form schnell. Ich gehe ja auch nicht her und reiße in Zukunft – ja, das wird es wieder geben – in irgendeiner Schule irgendeine Türe auf und schreie merkwürdiges Zeug in die Klasse. Es sei denn, ich bin der Lehrer. Aber sobald man ein automatisiertes Tool zur Hand hat und pro Stunde bis zu 100 IDs von laufenden Calls finden konnte, schien das merkwürdigerweise eine Art der profanen Freizeitgestaltung zu werden.
Zoom hat hat das übrigens durch die Vergabe von Passwörtern und virtuellen Waitingrooms gelöst. Jetzt muss jemand schon vom Admin des Calls hereingebeten werden, bevor losgeschwurbelt werden kann. Das heißt aber nicht, dass wir von allen Verschwörungstheoretikern befreit sind. Die Situation schreit geradezu danach, neue Formen von "bombing" und "burning" zu finden. Ich warte auf den nicht allzufernen Tag, an dem sich jemand in die Bewegungsprofile hackt, die bei Google herumliegen, und dann mit seinen Freunden zusammen genau dort hin in den Wald düst, um wehrlose, 5G geschwächte Zeitgenossen plötzlich mit mehr als einem Dutzend fakehustender Scherzbolde zu umscharen. So geht Flashmob, ihr Zoom-Dilettanten.
Wie gesagt, ich warte, ich hoffe nicht darauf. Scheinbar geht es nicht ohne Sozialdada dieser Tage.