Zu jung zum FB

Mindestalter ist ein Wort, das nicht von jedem verstanden wird, vor allem wenn es um Social Media geht.

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Ein Wunder dass es bisher in keinem der mir bekannten Kreissäle (gut, sooo viele sind das auch wieder nicht) noch nicht zu folgender Szene kam:

(Baby schlüpft aus Bauch)

Hebamme: "Da isser ja, der Schlingel."

Mutter: "brüll!"

Vater: (kollabiert, murmelt noch) "D-das ist mir alles zu archaisch."

Baby: "So, dann wollen wir erst mal ein Selfie machen. Moment, dürfte ich mal kurz zur Mutter...Moment...ja, danke, so, jetzt lächeln und Entenschnute machen. Soso. Prima. 1322 Follower im Account, nicht schlecht für die ersten 9 Monate. Muss aber noch mehr werden. Kann ich mal kurz die Hebamme wegen des Selfies..."

Oder so ähnlich. Social Media und diverse Chat Apps sind eigentlich für die meisten schon ein alter Hut, bis sie 18 sind. Wer nicht schon mit acht oder neun auf allen Plattformen vertreten ist, der ist eigentlich schon out, bevor er oder sie das Wort richtig schreiben kann. Gut, eine Szene wie oben beschrieben ist jetzt doch nicht zu realistisch. Aber die folgende hat sich neulich im Hausgang zugetragen:

Sie: "Mein Philip hat natürlich schon zwei Monate vor Übertritt ins Gymnasium alles über den neuen WhatsApp Klassenchat geregelt."

Ich: "Ehm, Moment, Du weisst aber schon, dass WhatsApp erst ab 16 ist, oder?"

Sie: "Ach, das machen doch alle."

Ich: "Ehm, ab 16. "

Sie: "Mein Philip nimmt einfach immer den Account vom Vater. "

Ich: "Ach so."

Weil die meisten Eltern das genau sehen, haben Facebok und Instagram angefangen, alle Accounts mit einem Useralter von offensichtlich unter 13 einfach zu inaktivieren. Und schon ist das Weh und Ach gross. Weil, die sollen sich mal nicht so haben, die meinen das doch gar nicht so. Und so weiter, und so fort.

Deshalb hier einmal an dieser Stelle an Eltern, die ja sonst immer hypergenau sind, was das Wohl ihrer Kinder angeht, aber bei Social Media gerne mal die Fünfe gerade sein lassen: Mindesalter heisst Mindestalter. So wie man unter 16 nicht in manche Kinofilme darf und auch keinen Alkohol kaufen kann. Da reicht es dann auch nicht zu sagen: "Ich kauf den ja für meinen Papa, und dann trinke ich ihn auch in seinem Namen. Ausserdem fahre ich schon seit ich 12 bin mit einem Tesla durch die Gegend. Das tun sie doch alle, seit der sich auch noch selbst steuert."

Und ganz ehrlich mal unter uns Gesangesbrüdern und -schwestern: jetzt hat doch sicher der eine oder andere (oder die eine oder andere) still für sich gedacht: "Ha, der Taglinger, der soll sich nicht so haben, das wäre ja noch schöner, wenn meine Kinder jetzt ohne WhatsApp aufwachsen würden. Da bricht ja die ganze Klassenkommunikation zusammen."

Mhm.

Tut sie übrigens nicht, und jetzt gehen wir mal alle in uns und fragen uns, ob wir unsere fünf kleinen Anarchominuten haben, weil die Nichten und Neffen weiterhin mit unter 13 in Facebook oder Instagram herummachen. Oder ob es uns einfach nur egal ist, sobald die "büüüüüttttööö"s" der Goofen lauter sind als die wohl irgendwie auch durchdachten Nutzerbestimmungen irgendwelcher Plattformen.

Also, fragen wir uns das mal eben. Und dann schicken wir die Antwort an die Teenie-Tochter. Über WhatsApp.