Zuspitzung für Espírito Santo und Portugal

Die Großbank sucht händeringend nach Investoren, um eine Rettung mit Steuergeldern zu verhindern

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Die Lage um die portugiesische Großbank Espírito Santo (BES) ist weiter verworren. Sie geriet in den vergangenen Wochen wegen Turbulenzen um die Bankiersfamilie Espírito Santo ins Trudeln, gegen die wegen Unregelmäßigkeiten ermittelt wird. Die Gründerfamilie sitzt mit ihrem Firmengeflecht auf einem Schuldenberg von mindestens sieben Milliarden Euro. Sie könnte Portugal erneut unter den Rettungsschirm treiben. Oder die Bank könnte direkt durch den dauerhaften Rettungsschirm refinanziert werden, womit der "Ausnahmefall" der Bankenunion sofort zur Regel werden könnte.

Nun ist weitgehend klar, dass die Holdings der BES-Gründerfamilie Espirito Santo praktisch zahlungsunfähig sind, die untereinander, mit der Bank und eng mit anderen Unternehmen Portugals verflochten sind. Entsprechende Gerüchte wurden am Mittwoch bestätigt. Die portugiesische Börsenaufsicht CMVM gab in Lissabon bekannt, dass die zur Gruppe Espírito Santo (GES) gehörende Investmentgesellschaft Rioforte einen Kredit in Höhe von 847 Millionen Euro an die Telekom PT (Portugal Telecom) tatsächlich nicht zurückzahlen konnte.


Und das sofort Auswirkungen auf die Fusion der PT mit der brasilianischen Telekommunikationsgruppe Oi. Zunächst waren die beteiligten froh, dass die Fusion überhaupt noch zustande kommen soll. Doch die PT muss sich nun mit einem Anteil von 25,6% abfinden, wurde in einem neuen Abkommen festgelegt. Eigentlich wollte die PT 38% der Anteile erhalten, doch dafür fehlt das ausgefallene Geld von Rioforte.

Damit nicht genug, hat nun die Ratingagentur Fitch den Daumen über Oi und der PT gesenkt. Das Rating der beiden Unternehmen wurde auf Ramschniveau herabgestuft, womit deren Refinanzierung noch komplizierter und teurer wird. Doch diverse Banken und börsennotierte portugiesische Unternehmen sind in die Krise verwickelt und sollen mit fünf Milliarden Euro in die Holdings der GES involviert sein.

Und für alle diese Banken und Unternehmen wird sich die Lage zuspitzen, wenn die Holdings der GES-Gruppe nun in Luxemburg Insolvenz anmelden, wo sie in dem Steuerparadies angesiedelt sind. Da Rioforte den Kredit nicht zurückzahlen konnte, sind die Meldungen, dass Gläubigerschutz beantragt werden wird, praktisch bestätigt. Die Gerüchte hatten am Dienstag erneut zu einem Absturz der BES- Aktie geführt. Sie verloren am Dienstag fast 20 Prozent und waren zeitweise nur noch gut 34 Cent wert. In einer Woche verloren sie die Hälfte ihres Werts.

Und mit den Insolvenzen werden auch die Probleme der Bank noch größer, da die Gründerfamilie gut 20 Prozent an der BES hält. Anleger wie die japanische Nomura-Bank glauben ohnehin offenbar nicht, dass die Bank genügend von den Problemen der Gründer isoliert ist. Deshalb fordern die Japaner einen Kredit in Höhe von 100 Millionen Euro aus der letzten Kapitalaufstockung zurück, was nach den Verträgen angesichts des massiven Kursverfalls der Aktie möglich wurde.

Angeblich soll die Bank nur mit 1,2 Milliarden Euro bei der angeschlagenen GES-Gruppe engagiert sein. In einer Pflichtmitteilung hieß es aber vorsichtig, "der Vorstand glaubt", potenzielle Verluste gefährdeten die Einhaltung der Kapitalvorschriften nicht. Hinzu kommen aber unklare und faule Kredite in Angola. Kürzlich wurde berichtet, dass man bei der BES nicht einmal weiß, an wen ein Kredit über 5,7 Milliarden Dollar des BES-Ablegers in der einstigen Kolonie ging.

Der neue BES-Chef Vítor Bento, der auf Druck der portugiesischen Zentralbank gerade ein Mitglied der Gründerfamilie ablöste, sucht nun händeringend nach Investoren. Nachdem das Kapital schon drei Mal um drei Milliarden Euro erhöht wurde, hofft Bento, erneut private Geldgeber zu finden, um eine staatliche Rettung abzuwenden. Zentralbankchef Carlos Costa versicherte am Mittwoch im Fernsehen, es gäbe Investoren, "die an einer Kapitalerhöhung interessiert sind", worauf sich die BES-Aktie deutlich erholte. Er meint, die Bank habe "einen Kapitalpuffer, um Risiken zu begegnen".

Doch die Wirkung ist alles andere als nachhaltig. Erneut gehen am Donnerstag nicht nur die BES-Aktien und Aktien der Espirito Santo Gruppe in Lissabon wieder heftig auf Talfahrt. Sie ziehen den Leitindex PSI und Börsen in ganz Europa erneut ins Minus, womit sich die allgemeine Nervosität an den Kapitalmärkten zeigt. Dazu trug auch bei, dass die Ratingagentur Standard & Poors das Rating für BES auf „B-“ noch tiefer in den Ramsch gestuft hat. Und das bedeutet, dass es schwieriger werden wird, an frisches Kapital zu kommen, um eine Rettung zu verhindern.

Angst vor einer neuen Banken- und Eurokrise

Die konservative portugiesische Regierung tut aber alles, um die Geister einer neuen Rettung zu vertreiben, die mit der Rettung der letzten börsennotierten Bank erneut auftauchen. Ministerpräsident Pedro Passos Coelho erklärte: "Privatunternehmen müssen die Konsequenzen ihrer schlechten Geschäfte selbst tragen." Steuerzahler müssten nicht für die Verluste aufkommen. Doch das galt bisher bei den Teilverstaatlichungen anderer Banken nicht. So darf man auch diese Aussage von Coelho schlicht als Märchen betrachten, denn es ist höchst unwahrscheinlich, dass ausgerechnet die größte Bank fallengelassen wird. Sein Problem ist, erst im Mai einen "sauberen Ausstieg" aus dem Rettungsschirm gefeiert und auf vorsorgliche Kreditlinien verzichtet zu haben.

Zudem lässt die derzeitige Krise um Espírito Santo wegen internationaler Verflechtungen die Angst vor einer neuen Banken- und Eurokrise aufleben. Die Unsicherheit ließ auch Zinsen für Staatsanleihen der Krisenländer wieder steigen, die mit einem Rekordtief der Leitzinsen und der lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) gesenkt wurden. Sie können das extrem verschuldete Portugal genauso schnell wie eine Bankenrettung wieder unter den Rettungsschirm treiben, weil dem Land dafür das Geld fehlt. Soweit zeigt sich, welche Show bei der erfolgreichen Rettung von Krisenländern – angebliche Musterschüler – mit Portugal und Irland abgezogen wurde.