Zweiter Anlauf für Frieden in Kolumbien
Regierung und Farc-Rebellen einigen sich auf neues, geändertes Abkommen
Die Regierung von Kolumbien und die Guerillaorganisation Farc haben sich nach einem gescheiterten Referendum (Kolumbien wählt den Frieden ab) über ihren Friedensvertrag auf ein neues Abkommen geeinigt. Beide Parteien verkündeten nach eingehenden Verhandlungen am Samstagabend in der kubanischen Hauptstadt Havanna eine Reihe von Veränderungen des Vertrags. Zudem traf sich Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos mit seinem heftigsten Kritiker, dem Amtsvorgänger und Senator Álvaro Uribe.
Am 2. Oktober hatte eine Mehrheit der Kolumbianerinnen und Kolumbianer das Abkommen knapp abgelehnt, die Wahlbeteiligung war aus mehreren Gründen aber sehr gering. Wenig später bekam Santos für seine Bemühungen den Friedensnobelpreis verliehen ( Nobelpreisfür Juan Manuel Santos soll Frieden in Kolumbien retten).
Das neue Abkommen soll nun vom Kongress verabschiedet werden, von einem weiteren Referendum ist keine Rede. US-Außenminister John Kerry gratulierte umgehend. Alle Parteien, auch die Gegner des ursprünglichen Abkommens, hätten einen "respektvollen nationalen Dialog" geführt. Ein Vorteil des neuen Abkommen sei, dass Befürworter und Kritiker der ursprünglichen Vereinbarung eingehend und direkt miteinander reden mussten. "Nach 52 Jahren kann keine Friedensvereinbarung in jedem Detail zufriedenstellend für alle sein", heißt es in Kerrys Statement. Das neue Abkommen stelle aber einen "wichtigen Schritt nach vorne auf dem Weg zu einem gerechten und dauerhaften Frieden dar".
Der Konflikt zwischen Militär und rechten wie linken Guerillaorganisationen begann in Kolumbien im Jahr 1964 und hat über 220.000 Menschenleben gefordert. Rund sechs Millionen Menschen wurden vertrieben. Derzeit verhandelt die Regierung auch mit der kleineren Rebellenorganisation ELN.
Bei dem Referendum hatte das Lager um Ex-Präsident Uribe zahlreiche Veränderungen gefordert, vor allem bei strafrechtlichen Fragen. Zu den neu verhandelten Punkten zählen nun unter anderem:
* Entschädigung für Opfer: Die Farc müssen alle ihre Güter angeben, um sie zur Entschädigung heranziehen zu können;
* Haftstrafen: Die spezielle Friedensgerichtsbarkeit soll etwaige Haftstrafen und den Ort der Haft festlegen sowie die Erfüllung der Strafe regelmäßig überprüfen;
* Nichtregierungsorganisationen (NGOs): NGOs sollen "nicht die Aufgabe von Staatsanwaltschaften übernehmen und Anklagen erheben", sondern Informationen zusammentragen, die von den juristischen Institutionen verwertet werden;
* Richter: Alle Richter der speziellen Friedensgerichtsbarkeit müssen kolumbianische Staatsbürger sein und werden die gleichen Befugnisse wie ordentliche Richter vor kolumbianischen Gerichten haben;
* Privatbesitz: Das neue Übereinkommen bekräftigt den Respekt vor Privatbesitz und das Recht auf Privatbesitz. Damit will das Uribe-Lager offenbar verhindern, dass Großgrundbesitzer, die ihr Land brachliegen lassen, enteignet werden;
*Agrarpolitik: Es wird eine Expertenkommission eingesetzt, um Agrarfragen zu erörtern. Das Thema ist vor allem wegen des Großgrundbesitzes wichtig, an dem sich der bewaffnete Konflikt entzündet hatte.
* Makroökonomie: "Unternehmergruppen haben sich besorgt gezeigt, dass die Nach-Konflikt-Ordnung die makroökonomische Entwicklung beeinträchtigen könnte", sagte Präsident Santos. Es soll darauf geachtet werden, dass das Steueraufkommen für etwaige Sozialmaßnahmen gering gehalten wird;
* Spezielle Friedensgerichtsbarkeit: Die spezielle Friedensgerichtsbarkeit wird zehn Jahre existieren und Fälle zur Untersuchung nur in den ersten beiden Jahren annehmen;
* Die Farc in der Politik: Die politische Partei, die aus den Farc hervorgehend wird, wird keine Parlamentssitze in Anspruch nehmen können, die für Bauernvertreter oder andere Minderheiten reserviert sind; die staatliche Finanzierung der Farc-Partei wird um 30 Prozent gemindert;
* Drogenpolitik: Alle Seiten sollen die ihnen zur Verfügung stehenden Informationen über Drogenhandel öffentlich machen.