EPR-Reaktorbau in Flamanville: erneut Spuren von Pfusch

Die französische Atomaufsichtsbehörde ASN hat nach Medienberichten besorgniserregende Baumängel an den Innenwänden des Abklingbeckens gefunden

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Wände mit "klaffenden Löchern", Pfeiler, die aussehen wie Schweizer Käse, Gruyère, bröselige Stellen ohne eine Spur von Zement - die französische Atomaufsichtsbehörde (l'Autorité de sûreté nucléaire, ASN) hat bei Visiten auf der Baustelle des Europäischen Druckwasserreaktors (EPR) Flamanville größere Mängel festgestellt, die nach ihrer Einschätzung unangenehme Ahnungen dessen vermitteln, wie die Qualität des Baus bei der Fertigstellung möglicherweise aussieht.

Dies geht aus vier "giftigen" Briefen hervor, welche die ASN im Zeitraum von Oktober 2010 bis August dieses Jahres an die französische Elektrizitätsgesellschaft EDF geschickt hat. Ihr Inhalt wurde vom Magazin Canard enchaîné, gleichermaßen bekannt für Satire wie für Enthüllungen, bekannt gemacht, wie französische Medien berichten.

Die Baumängel wurden laut Canard an den Innenwänden der Abklingbecken entdeckt. Auf Anfrage hieß es beim zuständigen Ministerium, dass die bemängelten Stellen noch im Bau seien und die Beobachtungen der ASN berücksichtigt würden. Die Fertigstellung könnte sich dadurch aber noch weiter verzögern. Ursprünglich war sie für 2014 angesetzt, wurde aber auf 2016 verschoben. Ein Grund dafür ist in der Pannenserie zu suchen, mit der die Reaktor-Baustelle Flamanville seit Jahren immer wieder in Schlagzeilen gerät ( Frankreichs Hoffnungsträger, die neuen EPR-Reaktoren, erweisen sich als Pannenreaktoren). Die Aufmerksamkeit für den Pfusch am Bau der EPR-3-Reaktoren ist auch deshalb so groß, weil diese Reaktoren von Frankreichs politischer Führung, insbesondere Sarkozy, als außerordentlich sicher gerühmt wurden.

Der große Atomkonses zeigt - nach Fukushima - auch in Frankreich Risse, das Umdenken geht allerdings ein anderes Tempo, neue Positionen werden mit einiger Vorsicht eingenommen. Der - nach dem Ausscheiden Dominique Strauss-Kahns - auussichtsreichste Kandidat der PS (Parti socialiste) für die Präsidentschaftswahl im nächsten Jahr, François Hollande, sprach sich am Wochenende dafür aus, den Anteil der Stromproduktion von Kernkraftwerken am Gesamtstrom von 75 Prozent bis 2025 auf 50 Prozent zu senken. Das entspreche der Anstrengung, wie sie die Deutschen unternehmen würden, die innerhalb von 15 Jahren von 22 auf Null Prozent herunterfahren wollen, so Hollande.

"C'est-à-dire exactement le même effort que les Allemands, qui vont passer de 22 à 0 % en quinze ans."

Man müsse alte Kraftwerke abschalten, mehr in Erneuerbare Energien investieren und den Stromverbrauch stark einschränken, so Hollande.