Eine Bratpfanne, die gerne in den Weltraum möchte

Robocup Junior in Bremen

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Braunes Klebeband hielt die selbstgedruckten Plakate an einer Litfaßsäule und sogar an einem Abfallkorb fest."Mach mit," konnte man lesen. "Robocup 2006, Weltmeisterschaft in Bremen". Über 300 Kinder und Jugendliche von der siebten bis zur dreizehnten Klasse folgten dieser Einladung. Sie kamen aus ganz Deutschland, zusammen mit ihren Eltern und den Betreuern ihrer jeweiligen Bastelgruppe.

Die Integrierte Stadtteilschule im Bremer Stadtteil Huchting wurde zum Austragungsort eines Unternehmens mit einem gewissen pädagogischen Anspruch. Der Selbstbau von Robotern fördere immerhin die Kreativität und das Interesse an technischen Konstruktionen, heißt es seitens der Veranstalter. Also ließen die Kids ihre elektronischen Krabbeltiere auf die Turnhalle los, in der es ausgesprochen lebhaft und hektisch zuging.

Robatino, leider zu groß für die Tische. Foto: Holger Bruns

Die Robbys funzelten mit ihren Leuchtdioden, drehten sich brummend im Kreis, knallten gegen Wände und änderten dann ihre Richtung. Besonders gelungene Roboter konnte hier jeder auf Leinwänden beobachten. Robbys, die das Tanzbein schwingen und sich dabei gehörig auf die Nase legen, waren ebenso dabei wie Rettungsroboter, die Verletzte bergen sollen.

Von Kinder gebaute Roboter brauchen nicht viel, um glücklich zu sein

Ihnen reichen Schultische, auf denen sie herumfahren können. Eine Pappumrandung hindert sie daran, einfach herunterzufallen. Die kleinen Gefährte jagen gerne blinkende Bälle voller Elektronik und deutlich sichtbaren Batterien, verfolgt von den aufmerksamen Blicken ihrer jungen Konstrukteure. Sie greifen ein, wenn ihr Roboter anfängt, zu mucken. Blitzschnell werden dann die Batterien getauscht. Es sind 9V-Blöcke, die seitlich auf die bizarren Gefährte aufgesteckt werden. Batteriefächer wären hier viel zu unpraktisch. Erleichterung macht sich breit, wenn sich der Antriebsmotor endlich wieder dreht.

Einen wiederbelebten Robby stellen die Kids dann vorsichtig auf den Tisch. Sein leicht rasselnd klingendes Fahrwerk greift sofort und läßt das bizarre Maschinenwesen eine Pirouette drehen. Dann rollt Robby zielstrebig los, ändert aber plötzlich seine Richtung. Robby hat seinen Ball entdeckt. Die kleine Maschine schnappt sich die Pille mit ihrem Vorderteil und fährt hakenschlagend einer Bucht in der Pappwand entgegen, die den Tisch umrandet. "Dribbeln" würde die batteriebetriebene Maschine nun, klären die Konstrukteure ihre Zuschauer auf.

Vorwärts und rückwärts zuckt der kleine Automat und liefert am Ende seiner spannenden Irrfahrt über ein geschätzt anderthalb Quadratmeter großes Spielfeld seine Kugel im Tor ab. Das ist durchaus spannend. Es wäre zwar so, als würde man beim echten Fußballspiel den Ball in die Hand nehmen und dem gegnerischen Torwart vor die Füße legen, aber beim Robocup darf man da keinesfalls kleinlich sein. Entscheidend ist eben, wie Robby seine Aktionen gestaltet, was er machen wird. In dieser nicht unbedingt abschätzbaren Reaktionsweise liegt denn auch der Reiz der Sache.

"Die Tänzer" Foto: Holger Bruns

Es geht familiär zu. Neben der Turnhallentür hockt einer kleiner Junge und trinkt Mineralwasser aus einem Plastikbecher. Sein großer Bruder läßt derweil einen futuristisch anmutenden Robby über den Boden sausen. Geschickt windet sich das Gerät an den Füßen der anderen Robotiker vorbei. Das bizarre Gerät erinnert irgendwie an eine Bratpfanne, die gerne in den Weltraum möchte; ein kreisrundes Gestell mit elektronischen Aufbauten und einer nach vorne gereckten Kamera, die aussieht wie ein Spiegelei.

In der Mitte der Turnhalle sammelt sich derweil das Publikum. Um besser sehen zu können, steigen die Erwachsenen sogar auf Turnbänke und zücken ihre Digiknipsen und Videokameras. Immer wieder gibt es johlenden Beifall. Die Begeisterung läßt sich jetzt an den Gesichtern ablesen, hier muß jetzt echt was los sein. Inzwischen finden sich junge Männer mit gelben T-Shirts ein. "Schiri" steht auf dem Rücken, "ich habe immer Recht". Bescheidenheit läßt sich schließlich niemand gerne vorwerfen. Ein Robosoccer-Spiel nimmt seinen Lauf.

Die heutigen Kids löten nicht mehr

Das Bremer Qualifikationsturnier für den Robocup Junior wird nicht nur von der Bildungsbehörde unterstützt, sondern auch vom Technologiezentrum Informatik der örtlichen Universität. Freiwillig angetretene Informatikstudis hatten jetzt alle Hände voll zu tun und wenig Zeit. Immerhin stellten sie aber die Gewinnerlisten sofort ins Netz. "Ich habe damals mit dem Z80 angefangen", erinnert sich Wolfgang Frauenkron, Lehrer an der Hermannsburg.

Doch die heutigen Kids löten nicht mehr. Lochraster, Fädeltechnik und selbstgeätzte Leiterplatten gab es nirgendwo zu sehen. Roboterkids kaufen sich heutzutage fertige Komponenten. Aus denen wird der Roboter so gebaut, dass er die gestellten Aufgaben lösen kann, wie der Roboter von Daniel und Sarah aus Königswinter zu Beispiel. Die Elfjährigen bauten sich aus Lego ein Gerät, das einfach nur Wände aus kleinen Styroporblöcken umwerfen soll. Das klappte so erfolgreich, dass ein Gewinn heraussprang. Die Bastelgruppe aus Königswinter freut sich über eine Urkunde für die beste Programmierung; zünftig in einer Sprache, die sich "Robolab for Schools" nennt. Doch es gab nicht nur Erfolge.

Vor der Schule hockten Marc und Lukas vom Bremer Schulzentrum Waller Ring, elf und zwölf Jahre alt. Ihr Rettungsroboter aus Lego hatte Lichtsensoren, mit deren Hilfe die Maschine einer schwarzen Linie folgen konnte. Grüne und silberfarbene Verletzte erkannte das Legoteil außerdem. Doch daraus wurde nichts. "Am Freitag wurde uns der Laptop geklaut," sagten die beiden Jungen enttäuscht. "Und das war das wichtigste Gerät." Ohne Laptop war der Rettungsrobby nicht zu bewegen.

Am Sonntagnachmittag versammelten sich schließlich die jungen Konstrukteure und ihr Personal in der Schulmensa. Auf der Bühne fanden sich weiß gedeckte Tische mit den Pokalen für die Gewinner. Eine kleine Zeremonie rundete am Ende den Auftritt der Roboter feierlich ab. Diese Siegerehrung motivierte die Kids sichtlich. Auch die Veranstalter waren zufrieden. Auf ihrer Website schreiben sie, dass sie mit dem Robocup Junior vor allem die natürliche Neugier von Kindern und Jugendlichen fördern wollen, um dem ihrer Meinung nach negativem Image der technischen Berufe entgegenzuwirken.