Privatisierte Flughäfen: Griechenland bezahlt jetzt die Käufer

Fraport lässt sich die Not-Privatisierung vergolden. Bild: Welspikmin

Verkauf von Flughäfen sollte auf dem Höhepunkt der Finanzkrise Athens Staatskasse entlasten. Angesichts des Corona-Einbruchs zahlt die Regierung nun drauf. Deutsche Marktgröße profitiert

Pandemie und Tourismus vertragen sich nicht. Zu den ersten Maßnahmen der griechischen Regierung zur Eindämmung von Sars-CoV-2 gehörte daher im März 2020 die Schließung der Grenzen und das Verbot innergriechischer Reisen.

Zwangsläufig gab es auf den Flughäfen im Land ein vermindertes Passagieraufkommen. Nun sollen Unternehmen entschädigt werden, die noch vor wenigen Jahren im Zuge der griechischen Finanzkrise unter günstigen Bedingungen Flughäfen des Landes aufgekauft haben - unter ihnen die deutsche Fraport AG.

Unter dem Titel "Finanzielle Sanierung konzessionierter Flughäfen aufgrund der Folgen der Coronavirus-Pandemie für das Jahr 2020" reichte das Finanzministerium am 11. Juni dieses Jahres ein Gesetz ins Parlament ein, das am 15. Juni auf die Tagesordnung zur Abstimmung in den nächsten Tagen gesetzt wurde.

Am selben Tag wurde Gesetzesinitiative vom zuständigen parlamentarischen Ausschuss für Finanzangelegenheiten mit den Stimmen der Regierungspartei Nea Dimokratia abgesegnet und zur Ratifizierung ans Plenum weitergeleitet. Mitte-links-Kräfte wie die Partei Syriza und die Pasok-Abspaltung Kinal wollten sich nicht festlegen. Die Kommunisten, MeRA25 (DiEM25/Varoufakis), sowie die Rechtspopulisten der "Griechischen Lösung" lehnten das Vorhaben ab.

Wie soll Fraport entschädigt werden?

Gemäß dem vom Universitätsdozenten Stylianos-Ioannis Koutnatzis ausgearbeitetem Gesetzesvorschlag greifen im Fall der Fraport AG folgende Randbedingungen:

Wegen der Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Pandemie sanken im Jahre 2020 die Passagierzahlen auf den Regionalflughäfen in Relation zum Vorjahr um 70,5 Prozent. Bezüglich der Kalkulation von Fraport, die ein Wachstum vorsah, beträgt der Unterschied 72,1 Prozent.

Die sich ergebende Situation sei - auch wegen ständig geänderter Maßnahmen und keiner verlässlichen Terminierung - für den Vertragspartner Fraport nicht planbar gewesen. Die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung seien daher ein "Ereignis mit staatlicher Verantwortlichkeit".

Im Privatisierungsvertrag war unter Artikel 30.4.1 vorgesehen, dass der Staat im Fall eines "Ereignisses mit staatlicher Verantwortlichkeit" regresspflichtig ist.

Die Fraport AG verweist darauf, dass das Unternehmen nicht verpflichtet ist, sich für solche Umsatzeinbrüche zu versichern, und dass es auch nicht für die Begleichung solcher Verluste versichert ist. Zudem sei der griechische Staat über diesen Umstand mit Schreiben vom 20. März 2020 und 23. März 2020 informiert worden.

Fraport verzeichnete gemäß den Buchprüfern von Pricewaterhouse-Coopers für das Jahr 2020 mit dem Betrieb der Regionalflughäfen einen Bruttogewinn von gut 6,64 Millionen Euro vor Steuern. Gemäß einer Studie im Auftrag der griechischen Treuhand durchgeführt wurde, hätte Fraport ohne die Pandemie einen Gewinn von gut 187 Millionen Euro erwirtschaftet.

Entschädigungen für Fraport

Im Gesetz sind folgende Entschädigungen vorgesehen: Fraport wird von der Verpflichtung der Zahlung von Pachtgebühren für die Jahre 2019, 2020 und 2021 befreit. Liegt das Passagieraufkommen für 2021 unter 30,8 Millionen Passagieren, der Vergleichszahl aus dem bisherigen Rekordjahr 2019, so gilt die Befreiung auch für 2022.

Die Verluste, die sich durch Abweichung der ökonomischen Planungsgrößen aus der Zeit vor der Pandemie von den nun tatsächlich erreichbaren Passagierzahlen ergeben, werden als Entschädigung mit den von Fraport nach 2022 zu entrichtenden Abgaben verrechnet.

Der griechische Staat und Fraport einigten sich zudem darauf, dass die Entschädigung von der Wettbewerbskommission der EU abgesegnet werden muss. Darüber hinaus soll die Fraport AG in Griechenland bis zum 31. März 2022 keinerlei Dividenden an ihre Aktionäre ausschütten.

Damit steht das deutsche Staatsunternehmen in Griechenland hinsichtlich der Entschädigungen erheblich besser da, als manche Unternehmen in Deutschland. Denn diese können gegenüber dem Staat gemeinhin lediglich auf Kompensation ihrer Verluste, nicht aber auf Erstattung der ihnen gemäß ihrer Planung entgangenen Gewinne hoffen.

Allein für das Jahr 2020 kann Fraport auf rund 170 Millionen Euro Entschädigung setzen, wobei die darüber hinaus erlassenen Lizenzgebühren für die Jahre 2019, 2020 und 2021 einen weiteren fast dreistelligen Millionenbetrag bescheren.

Der bisherige Verlauf der aktuellen Tourismussaison lässt die im Gesetz vorgesehenen Passagierzahlen von 30,8 Millionen Personen mehr als utopisch erscheinen.

Folge der Privatisierungswelle in Griechenland

Im April 2017 waren von der Regierung des damaligen griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras vierzehn Regionalflughäfen privatisiert worden. Es handelte sich um eine Verpflichtung, die Tsipras gegenüber den Kreditgebern mit dem sogenannten dritten Memorandum einging. Auch musste er eine von seinem konservativen Vorgänger Antonis Samaras bereits 2013 über die griechische Treuhand abgewickelte Ausschreibung akzeptieren.

1,2 Milliarden Euro in Raten sollte der Käufer zahlen. Dazu kommen jährliche Lizenzgebühren in Höhe von 22,9 Millionen Euro sowie 28,6 Prozent vom jährlichen Bruttogewinn.

Den Zuschlag der Ausschreibung von Samaras bestätigte am 14. Dezember 2015 die Regierungsmehrheit von Tsipras im Parlament. Die vierzehn Regionalflughäfen – darunter die Airports von Thessaloniki, Kreta, Rhodos und Korfu – bekam die FraPort AG, die sich mehrheitlich in staatlichem Besitz befindet.

Die AG hat in mehreren Staaten in Flughäfen investiert. Das Corona-Jahr 2020 bescherte dem Konzern zum ersten Mal seit knapp zwei Jahrzehnten einen Verlust. 690,4 Millionen Euro Minus wurden gemeldet. Rund 4.000 Arbeitsplätze sollen abgebaut werden. Aus der griechischen Staatskasse kommt nun eine Ausgleichszahlung, die insgesamt knapp ein Drittel der Verluste ausgleichen wird.

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