100 Tage US-Regierung unter Biden: Progressive haben nichts mitzureden
Seite 2: Massive US-Rüstungsausgaben stellen progressive Abgeordnete vor ein Dilemma
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Offiziell beginnt die Haushaltsplanung jedes Jahr, wenn der Präsident im US-Kongress eine Budgetanfrage für die gesamte US-Bundesregierung einreicht, inklusive des Militärs. Diese Anfrage ist nicht rechtskräftig und wird auch nie zum Gesetz, sondern ist der Beginn der Haushaltsverhandlungen.
Der Kongress bearbeitet das restliche Verfahren komplett allein. Der formelle Prozess läuft dann so ab, dass der Kongress zwölf verschiedene Gesetzesentwürfe erlässt, die zusammen den gesamten US-Bundeshaushalt finanzieren.
Einer dieser Entwürfe ist dann auf das gesamte Verteidigungssystem zugeschnitten, also das Verteidigungsministerium, die Atomwaffen unter dem Energieministerium und den Rest des US-Militärs. Diese zwölf Gesetzesentwürfe müssen dann vom Repräsentantenhaus und dem Senat, und allen weiteren Instanzen des Gesetzgebungssystems bearbeitet werden.
Die Realität sieht laut Koshgarian aber anders aus.
In Wirklichkeit verabschiedet der Kongress Gesetze in großen Stücken, in sogenannten Omnibus-Gesetzen. Da wird oft der gesamte Haushalt, also fast anderthalb Billionen US-Dollar, in einem Gesetz allein verabschiedet. Es wurden schon lange keine einzelnen Gesetze für die verschiedenen Haushalte mehr implementiert.
Die Verhandlungen finden zwischen militaristischen Fraktionen, die die Militärausgaben vergrößern wollen, und nicht unbedingt friedfertigen, aber weniger militaristisch geneigten Vertretern statt.
Es gibt also Kongressabgeordnete, die sich für höhere Militärausgaben einsetzen, und solche, die Inlandsausgaben priorisieren. Die letzteren müssen oft höheren Militärausgaben zustimmen, um mehr Geld für Sozialausgaben, Bildung oder andere innenpolitische Prioritäten zu bekommen. Dadurch sind selbst progressive Kongressabgeordnete, die eigentlich gegen hohe Militärausgaben sind, dazu gezwungen, für diese großen Haushalte zu stimmen. Ebene deshalb, weil diese nun mal auch höhere innenpolitische Ausgaben beinhalten.
Die globale Militärmacht der USA stützt sich auf fast 800 Stützpunkte in über 70 Ländern. US-Spezialeinheiten operierten 2016 in 138 Ländern. Der Außenpolitikexperte John Feffer warnt davor, hinter dem geplanten Abzug aus Afghanistan den Anfang vom Ende "immerwährender US-Kriege" zu sehen. Der "institutionelle Apparat", so Feffer, bleibe unangetastet.
Die Biden-Regierung sei innenpolitisch reformorientiert und setze auf wirtschaftliche Expansion. Gleichzeitig richte sie ihre militärischen Kapazitäten "auf die Herausforderung aus, die China darstellt, und in einem geringeren Ausmaß auf Russland".
Außen- und militärpolitisch haben Progressive in der Biden-Regierung nichts mitzureden. Mit freundlichen Gesten gegenüber Verbündeten und einer erklärten Konfrontationsbereitschaft gegenüber China und Russland herrscht ein anderer Ton als unter Trump. Aber in der Substanz handelt es sich um die Weiterführung der altgewohnten internationalen Politik, einzuordnen "zwischen Obama und Trump", wie es jüngst in der Washington Post hieß.
Neben dem Militärhaushalt und der Konfrontationsstellung mit China und Russland nannte "Code Pink" das außenpolitische Erbe aus der Trump-Ära, die Biden wohl nicht rückgängig machen wird: Sanktionen gegen Länder wie Iran, Venezuela, Nicaragua, Nordkorea und Syrien, massive Waffenlieferungen an Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate, die bedingungslose Unterstützung Israels.
Schließlich sieht die Biden-Regierung keinen Gewinn darin, die Sanktionsverschärfungen und die Blockade von Kuba aufzuheben. Den Bogen zwischen den erfreulich reformorientierten innenpolitischen Vorschlägen der Biden-Regierung und der globalen Hegemonie des US-Imperiums zog die Herausgeberin der linksliberalen Zeitschrift The Nation Katrina van den Heuvel. Eine fortgesetzte imperiale US-Außen- und Aufrüstungspolitik drohe Reformvorhaben im Inneren der USA aufzuweichen und zunichtezumachen, warnte sie.
Ein wirklich wegweisender Präsident würde die Militäroperationen, die ablenken und ins Leere laufen, einstellen. Die USA können es sich schlichtweg nicht leisten, auf dem gesamten Globus die Rolle der "unverzichtbaren Nation" zu spielen und gleichzeitig für den Wiederaufbau einer lebendigen Demokratie und vitalen Wirtschaft zu sorgen.
Große Nationen und Staaten fallen in sich zusammen, wenn sie sich diesen Realitäten versperren. In Bidens Innenpolitik scheint diese Erkenntnis eingeflossen zu sein. Die Frage ist aber, ob seine Politik der nationalen Sicherheit davon einen Schimmer hat.
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