11,7 Milliarden Euro für noch nix: Berliner Schulbau als Luftbuchung
Seite 2: Miete zum Quadratmeterpreis von: 115,21 Euro
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Es hätte auch anders gehen können, auf die klassische Tour, und zwar viel besser und schneller. Die Berliner Bezirke haben in den vergangenen zwei, drei Jahren richtig rangeklotzt und den Großteil ihrer Projekte im Rahmen der BSO abgearbeitet. So entstanden bis heute 33.000 neue Schulplätze. Für 25.000 kennt man die Endsumme: 907,7 Millionen Euro, also 36.300 Euro pro Platz. Die Howoge soll insgesamt 28.000 Plätze beisteuern. Eine Kalkulation auf Basis des 2022er-Kostenansatzes ergab 123.513 Euro pro Schulplatz. Auf Grundlage der neuen Senatszahlen sind es 215.385 Euro.
"Das geht im Wortsinn nicht mit rechten Dingen zu", beklagte Waßmuth. Und mit der Howoge geht auch nichts voran. In ihrer Regie wurde noch kein einziger Schulplatz übergeben, bisher gibt es lediglich fünf Baustellen. Mit den Neubauten will man 2029 fertig sein, mit den Sanierungen 2031. Das Blöde daran: Die ganze Bauerei fällt in eine Hochzinsphase, während die Bezirke auf niedrige Zinsen bauen konnten, dazu auf die lange Zeit spottbilligen Landesanleihen. Die Howoge kann das nicht und mit der Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) wird alles noch viel teurer.
Warum hat sie nicht früher losgelegt? Weil jahrelang Verträge verhandelt wurden, um die ganze Konstruktion wasserdicht zu machen. Die sieht nämlich vor, dass die Howoge die fraglichen Grundstücke und Schulgebäude per Erbpacht übertragen bekommt. Pro Schule mussten allein drei bis vier Kontrakte zwischen der Gesellschaft, dem Senat und den Bezirken abgeschlossen werden, insgesamt bis zu 160. Im Gegenzug müssen die Bezirke die fraglichen Schulen künftig über Laufzeiten von 25 bis 37 Jahren zurückmieten – zum Preis von 115,21 Euro pro Quadratmeter und Monat, wie GiB errechnet hat.
Kein Plan, null Erfahrung
Waßmuth glaubt, den politisch Verantwortlichen sei "gar nicht bewusst, worauf sie sich da eingelassen haben". Bei solch horrenden Mieten müsse künftig bei Leistungen gekürzt werden, die heute noch selbstverständlich seien: etwa die Beschaffung von Möbeln, Zuschüsse zu Exkursionen, Lehr- und Lernmittel, Spielgeräte, Grünflächenpflege, Mensabetrieb. "Das wird es bald nur noch teilweise oder gar nicht mehr geben."
Diese Sorge teilt Christian Müller, Vorstand bei der Baukammer Berlin. "Diese Howoge-Finanzierung ist eine Katastrophe", sagte er dem rbb. "Es ist ein Schattenhaushalt, der über mehr als 20 Jahre lang abgestottert wird" und den Bezirken den Handlungsspielraum in den kommenden Jahrzehnten raube.
Schon 2020 hatte der Landesrechnungshof (RHvB) das Konstrukt in seinem Jahresbericht förmlich zerrissen. Die Hauptbefunde: zu langsam, lausig geplant und viel zu teuer. Weder sei eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung durchgeführt worden, noch habe die Howoge im Schulbau überhaupt Erfahrungen vorzuweisen.
Kropf am Hals
Nun ja, unter solchen Voraussetzungen kann man sich schon mal um zehn, elf Milliarden Euro verschätzen. Auf rbb-Anfrage verlautete von der Howoge, der ursprüngliche Ansatz sei ein "Finanzrahmen ohne weitere Konkretisierung" gewesen. Vom Mathelehrer würde es dafür eine Strafarbeit setzen. Dagegen will der Berliner Senat von einer Sanktionierung wegen Steuergeldverschwendung oder verspäteter Fertigstellungen nichts wissen. Mögliche Bußgelder müssten auf die Mieten für die Schulen umgelegt werden und träfen damit indirekt das Land Berlin selbst, gab die Finanzverwaltung zu verstehen.
GiB-Sprecher Waßmuth kündigte an, die juristische Konstruktion auf ihre Vereinbarkeit mit Landes- und Bundesrecht prüfen zu lassen. "Die laut Landesverfassung bestehende Zuständigkeit der Bezirke für die Schulen würde ausgehebelt. Und es spricht manches dafür, dass hier analog zu den Vorgängen auf Bundesebene gegen das Grundgesetz verstoßen wurde."
Die Initiative fordert, alle Verträge mit der Howoge "sofort aufzuheben und dafür die erfolgreiche Bau- und Sanierungstätigkeit der Bezirke und der Landesbauverwaltung fortzusetzen". Die regionale Bauwirtschaft könne dasselbe liefern, Berliner Planungsbüros dasselbe planen, "nur eben vier Milliarden Euro günstiger". Waßmuth ist überzeugt: "Der Berliner Schulbau braucht die Howoge so dringend wie einen Kropf am Hals."
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