2020: Neuer Hitzerekord
Seite 2: Vandalismus unter Polizeischutz
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Im rheinischen Braunkohlerevier widersetzten sich am Dienstag Klimaschützer dem Abriss von Häusern im kleinen Dörfchen Lützerath, das zur Stadt Erkelenz gehört. Das Dorf grenzt an den Tagebau Garzweiler an und wird noch von vier Familien bewohnt. Ein ansässiger Bauer weigert sich bisher standhaft, an RWE zu verkaufen, wie das Bündnis Alle Dörfer bleiben in einer Pressemitteilung schreibt.
Der Verdacht liegt nahe, dass der Abriss der Zermürbung der letzten Anwohner dient, wie auch schon das Fällen von Bäumen mitten im Dorf. Am Dienstag haben Anwohner und vor allem Unterstützer aus benachbarten Dörfern und Städten mit Protesten und einer Sitzblockade auf dem Dach eines der zum Abriss bestimmten Häuser die Zerstörungsaktionen der RWE-Arbeiter erheblich verzögert.
Der Abriss erzeugt natürlich einen unerträglichen Druck auf die Menschen, die immer noch in Lützerath wohnen. RWE power möchte die Lage eskalieren und Fakten schaffen: Erst wird die Straße abgebaggert, dann werden alle Bäume im Dorf gerodet und nun sollen die Häuser abgerissen werden. Ab jetzt droht ein Leben zwischen Trümmern und Schutt.
Katharina Kaspers-Siebert von der Initiative "Die Kirche(n) im Dorf lassen
Ein massives Polizeiaufgebot wurde aufgefahren, das die Aktivistinnen und Aktivisten schließlich mit einer Hebebühne vom Dach holte. Hier finden sich ein paar kürzere und ein längeres Video der Aktivistinnen und Aktivisten mit Eindrücken und Stellungnahmen.
Das Bündnis verweist in seiner Pressemitteilung darauf, dass der weitere Abbau von Braunkohle nicht mit der Pariser Klimaübereinkunft zu vereinbaren sei. Auch im neuen Jahr habe sich bei RWE nichts geändert. Entgegen der eigenen Image-Kampagne bleibe Klimazerstörung das Kerngeschäft des Konzerns, meint Bündnis-Sprecher David Dresen.
Besondere Brisanz erhält der Vorgang, durch ein kurz vor Weihnachten bekannt gewordenes Gutachten, dessen Veröffentlichung das Bundeswirtschaftsministerium über ein Jahr verzögert hatte, wie der Spiegel schrieb. (Hier ein kurzer Beitrag auf Sat1, in dem Anwohner zur Sprache kommen.)
Nach diesem Gutachten könnten mit den Maßgaben des Kohleausstiegs bis 2038 sechs der sieben vom Abriss bedrohten Dörfer gerettet werden. Rund ein Drittel der Kohle in Garzweiler II, für den gerade Lützerath vandalisiert wird, könnte im Boden bleiben, hielte sich RWE an den Beschluss der sogenannten Kohlekommission auf den sich im Januar 2019 Kohlekonzerne, Wissenschaftler, Kommunalpolitiker, Anwohner und Umweltschützer geeinigt hatten (Kohlekommission: Ein fauler Kompromiss).
In das zwischenzeitlich verabschiedete Kohlegesetz, das den Ausstieg bis 2038 vorsieht, hatte das Gutachten keinen Eingang gefunden. Stattdessen wird dem Tagebau Garzweiler II im Paragraph 48 "die energiepolitische und energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf (…) in den Grenzen der Leitentscheidung der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen (...) vom 5. Juli 2016" bescheinigt und zwar ohne irgendeinen überprüfbaren Nachweis.
Das nun veröffentlichte Gutachten zeigt vielmehr, dass es einen solchen Nachweis gar nicht geben kann, dennoch kann sich RWE nun auf das Kohlegesetz stützen, um die Menschen aus ihren Dörfern zu vertreiben. Das Bündnis hatte wegen diesem Umgang mit Fakten und Gutachten im Dezember den Rücktritt von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier gefordert.
CO2-Abgabe auf Kraftstoffe
Ansonsten gibt es seit Jahresbeginn nun auch einen Preis für das Kohlendioxid, das bei der Verbrennung von PKW-Kraftstoffen und Erddgas entsteht. Zunächst werden 25 Euro pro Tonne erhoben, bis 2025 soll der Preis dann auf 55 Euro pro Tonne steigen. Das Umweltbundesamt schätzte 2016 den von einer Tonne CO2 verursachten Schaden auf 180 Euro pro Tonne.
Die SPD hat im Zusammenhang mit der neuen Steuer den Gedanken ins Spiel gebracht, auch Vermieter an den CO2-Kosten zu beteiligen. So könnte nach ihren Vorstellungen ein Anreiz für Vermieter geschaffen werden, Häuser besser zu dämmen und den Heizaufwand zu vermindern. Wegen unterschiedlicher Abrechnungs- und Heizsysteme dürfte das aber schwierig werden.
Benzin hat sich durch den neuen CO2-Preis um rund sieben Prozent verteuert und der Dieselpreis wird in der gleichen Größenordnung steigen. Damit bewegen sich die Kraftstoffpreise immer noch in der Schwankungsbreite der letzten Jahre.
Zuletzt war der Liter Superbenzin so niedrig wie seit 2009 nicht mehr und bewegte sich mit durchschnittlich 129,5 Cent pro Liter eher auf dem Niveau von Mitte der 2000er Jahre, wie die Daten von statista.com zeigen. Mit dem neuen Aufschlag wird der Kraftstoff immer noch billiger sein als in den meisten Jahren des vergangenen Jahrzehnts.
Dafür sorgt nicht zuletzt der weiter niedrige Ölpreis, der angesichts der in vielen Ländern außerhalb Ostasiens um sich greifenden Rezession sicherlich noch auf längere Sichte im Keller bleiben wird und den Lieferländern wie auch Energiekonzernen mächtig zu schaffen macht. Viele teure, unkonventionelle Fördermethoden wie der Teersandabbau in Kanada und das sogenannte Fracking in den USA werden mehr und mehr unprofitabel.
Jair Bolsonaro in Den Haag angezeigt
Und zum Schluss die gute Nachricht der Woche. Brasiliens rechtsextremer Präsident Jair Bolsonaro wurde von Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag wegen Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angezeigt.
Das Gericht hat die Anzeige akzeptiert und Vorermittlungen angenommen, berichtet die deutsche Organisation "Rettet den Regenwald".
Die am Gerichtshof zuständige Anklägerin, Fatou Bensouda, soll nun ermitteln, ob Bolsonaro zum Völkermord aufgestachelt und systematische Angriffe auf indigene Völker unternommen hat. Besonders fragwürdig sei auch die Rolle aggressiver evangelikaler Sekten und Freikirchen, die dem Rechtsradikalen Bolsonaro ins Amt geholfen haben und seine Politik unterstützen, schreibt "Rettet den Regenwald", die die Anzeige mit einer Petition unterstützen.
Die Angriffe auf Brasiliens Indigene – Telepolis berichtete wiederholt über die Ermordung von führenden Vertretern der Gemeinden – hängen eng mit der Zerstörung des Regenwaldes im Amazonasbecken zusammen.
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