66 Kriegsstaaten - droht ein Dritter Weltkrieg?

Seite 2: Wenn es um die Verteilung von Kuchen geht, sind alle da

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Aus Sicht der amerikanischen Führung gibt es sie wieder: die "Koalition der Willigen", wie schon zu Zeiten des Dritten Golfkrieges im Irak. Nach US-Angaben werden sich schon bald 66 Staaten auf unterschiedliche Weise militärisch in Syrien und im Irak engagieren. Ihre Mission richtet sich offiziell gegen den Terror, allerdings wird der Begriff von verschiedenen Akteuren ganz unterschiedlich definiert.

Das Kernproblem: Auf syrischem und irakischem Boden kreuzen sich die - teils gegenläufigen - Interessen der Großmächte und kleinerer Akteure. Vor allem die Rivalitäten zwischen den USA und Russland sowie dem Iran und Saudi-Arabien, sind ein ein großes Hindernis im Kampf gegen den IS und für die Lösung der Syrien-Krise.

Verwüstungen nach einem Selbstmordanschlag auf einen Checkpoint in Salamiyah, Provinz Hama. IS-Foto

Vor diesem Hintergrund stehen gegenseitige Provokationen in der umkämpften Region an der Tagesordnung. Mal erzürnt ein Raketentest der Iraner in der Straße von Hormus die Amerikaner, mal sind es die Saudis, die die Iraner mit der Hinrichtung eines einflussreichen schiitischen Gelehrten verärgern oder es sind die Türken, die einen russischen Kampfjet abschießen oder Russen, die Raketen auf eine türkische Schiffspassage richten. All dies ist die Folge eines Wettlaufs um Dominanz, der hinter den Kulissen veranstaltet wird. Ein Wettlauf um politischen Einfluss, um geostrategische Stützpunkte, um Waffenarsenale und Rohstoffsicherung.

Wer blickt da in Syrien und im Irak angesichts der vielen Kriegsparteien überhaupt noch durch? Der syrische Diktator Baschar al-Assad bekämpft die Aufständischen der Freien Syrischen Armee, der Islamischen Front, der al-Nusra Front (Al-Qaida) und des IS. Der "Islamische Staat" hat seinerseits einen Krieg gegen die ganze Welt ausgerufen, in der Hoffnung den angeblich prophezeiten Endzeitkampf zwischen Gut und Böse in der Stadt Dabiq zu provozieren. Ihre Kämpfer kommen aus aller Welt, ihre Gelder aus Lösegeld-, Erdöl- und Steuereinnahmen, ihre Waffen aus Nachbarstaaten und Unterstützung offenbar aus Saudi-Arabien, den Golfstaaten und indirekt durch die Türkei.

Die türkische Regierung bekämpft Assad, auch mithilfe syrischer Turkmenen, und ebenso die Kurden in Nordsyrien. Hierbei nutzt die Türkei den "Islamischen Staat" vermutlich als Rammbock gegen kurdische Kämpfer, die einen eigenen Staat anstreben. An der türkisch-syrischen Grenze wird scheinbar der tägliche Transport von neuen Dschihadisten und Waffen vorsätzlich übersehen. Die verfeindeten Kurden kämpfen wiederum gegen den "Islamischen Staat" und gegen Assad mit der Unterstützung der USA, von Großbritannien und Frankreich. Russland hilft Assad im Kampf gegen jeden Feind der syrischen Regierung und pflegt ein angespanntes Verhältnis zum Nato-Staat Türkei.

Nicht nur ohne die Türkei, sondern auch ohne Saudi-Arabien wäre der "Islamische Staat" nicht das, was er heute ist. Saudi-Arabien hat der Terrormiliz über eine lange Zeit hinweg massiv unter die Arme gegriffen, da das Königshaus alle sunnitischen Gruppen in Syrien und im Irak unterstützte, um die Interessen des Erzfeinds Iran zurückzudrängen. Der Iran und die libanesische Terrororganisation "Hisbollah" sind am Machterhalt Assads interessiert. Auch im Irak soll die schiitisch-dominierte Regierung erhalten bleiben. Deshalb werden Syrien und Irak mit Geld, Waffen und Soldaten gestützt. So kämpft die "Hisbollah" an der Seite Assads gegen alle Rebellengruppen und koordiniert Kampfeinsätze gegen irakische Schiitenmilizen.