66 Kriegsstaaten - droht ein Dritter Weltkrieg?

Seite 3: Wenn das Kriegsziel unerreichbar ist, wird die Welt gewalttätiger

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Nicht der IS ist die Ursache für die Konflikte im Nahen Osten, sondern lediglich ein Symptom. Das willkürliche Ergreifen einer Partei für die Wahrung eigener Interessen und das blinde Unterstützen von radikalen Bewegungen gegen den gemeinsamen Feind, ist die Wurzel allen Übels. Die Beseitigung des IS wäre in einem relativ kurzem Zeitraum möglich, wenn die Großmächte gewillt wären, über ihren sehr langen Schatten zu springen und Kompromisse auf Kosten ihrer Vorteile zu machen.

Wie kann es sonst sein, dass eine Mörderbande einen "Staat" ausruft, ihn so eine lange Zeit am Laufen hält, obwohl sie ja offziell keinen Handel treiben kann? Würde der Ölschmuggel nach Jordanien und in die Türkei unterbunden, die Lösegeldzahlungen eingestellt, der Ankauf geplünderter Antiquitäten gestoppt und die privaten Geldgeber an den IS in Katar und Saudi-Arabien ausfindig gemacht werden, dann würde sich der "Staat" kannibalisieren. Die schweigenden Sunniten unter IS-Herrschaft würden gegen die Führung aufbegehren, besonders wenn sie nach der Vertreibung der IS-Terroristen eine Perspektive auf eine gerechte politische Partizipation an einer konfessionsneutralen Regierung erhielten.

Schon seit Jahrzehnten beherbergt der Nahe Osten Freunde, Kollaborateure und Feinde, die allesamt von derselben Maxime geleitet sind: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Die Kriegsparteien legen sich auf dem Krankenbett mal auf die linke, mal auf die rechte Seite, im Glauben dann besser zu liegen. Getrieben von Angst vor einem Gesichtsverlust scheint keine Partei in diesem Muskelspiel nachgeben zu wollen.

So traurig es ist: Keiner der Akteure wird für die Wahrung eigener Interessen ohne Menschenrechtsverletzungen auskommen. Wir werden wieder Tote zählen, die im Rahmen westlicher Aktionen im Irak und Afghanistan noch "Kolleteralschäden" waren und nun werden sie "Opfer" genannt, weil sie russisch-iranischer Aktionen zum Opfer fallen.

Je tiefer man in die komplexen politischen Zusammenhänge und deren mögliche Auswirkungen eintaucht, desto mehr wird klar: Durch jede überzogene Aktion, jeden Fehler und jedes Missverständnis könnte militärische Gewaltanwendung selbstläufig werden und eine Gewaltspirale in Gang setzen, die nicht mehr zu kontrollieren ist. Und dann wären wir bei dem " bösen Wort", das viele nicht wagen, in den Mund zu nehmen: Weltkrieg.